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Sauerstoffspeicher im Gehirn  
  Während Sie konzentriert diesen Text lesen, fließt mehr Blut in Ihr Gehirn. Doch dient dies nicht der verbesserten Versorgung mit Sauerstoff, wie bislang gedacht. Denn der Sauerstoff liegt bereits in einem Depot angelegt, auf das in Notzeiten zurückgegriffen werden kann.  
Blick ins arbeitende Gehirn
Will man einen Blick ins arbeitende Gehirn werfen, sind abbildende Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) der einzige Weg. Sichtbar wird damit ein stärkerer Blutstrom, den Wissenschaftler einem erhöhten Verbrauch, und somit Bedarf, an Sauerstoff unterstellten.

Schon bei so einfachen Aufgaben wie lesen oder sich an Wörter erinnern, aktiviert das Denkorgan den Blutfluss. Aber mit Sauerstoff scheint dies nichts zu tun zu haben.
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Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
Abkürzung PET, bildgebendes Verfahren zur Untersuchung der Stoffwechselaktivität im Gehirn. Dazu werden Radionuklide in den Blutkreislauf gespritzt, die von Geweben mit gesteigertem Stoffwechsel in größerer Konzentration aufgenommen werden. Beim Zerfall senden diese Radionuklide positiv geladene Positronen aus. Treffen diese im Gewebe auf Elektronen, entstehen energiereiche Gammastrahlen, die von Detektoren aufgefangen und von einem Computer zu einem 3D-Bild verarbeitet werden. Die Methode eignet sich besonders zum Aufspüren von Hirntumoren, aber auch um den Ausgangspunkt epileptischer Aktivitäten im Gehirn zu lokalisieren, zur Untersuchung von Durchblutungsstörungen im Gehirn, bei Alzheimer'scher Krankheit und anderen degenerativen Hirnerkrankungen.
->   Mehr über die Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
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Gehirn besitzt eingebautes Sauerstoff-Depot
Als Mark Mintun und seine Kollegen von der Washington University in St. Louis die Gehirnaktivität einiger Freiwilliger unter sauerstoffarmen Bedingungen testeten, erlebten sie eine Überraschung. Die Probanden, die ihre Tests unter Sauerstoffbedingungen wie auf dem Pike's Pike in Colorado, der etwa 4000 Meter hoch ist, ausführten, brauchten nicht mehr Sauerstoff als die Kontrollpersonen.

Erwartet hatten die Forscher, dass die Testpersonen einen dramatischen Anstieg ihres Sauerstoffbedarfs zeigen würden. "Das Gehirn scheint eine Art eingebaute Versicherungspolice zu haben," sagte Mintun. "Sogar wenn es teilweise des Sauerstoffs beraubt wird, kann es noch für sich selbst sorgen."
Überraschende Sauerstoff-Diffusion
Mit diesem neuen Wissen gewappnet, testete das Team einige mathematische Modelle des cerebralen Blutflusses erneut. Die Modelle nahmen an, dass der Sauerstoff aus dem Blut - wegen des großen Bedarfs des Gehirns - zwar ins Gehirngewebe diffundiert, aber niemals wieder zurück ins Blut wandert.

Aber Mintun und seine Kollegen ließen diese Annahme nicht in ihre Berechnungen einfließen, sondern ließen sich das Modell eigenständig entwickeln, ohne es von vornherein einzuschränken.

Das schien der kritische Faktor gewesen zu sein. Denn eine beträchtliche Menge wanderte durchaus vor und zurück und kreierte so einen dynamischen Puffer.

Wenn das Gehirn mehr Sauerstoff benötigt, greift es einfach diese Reserve an. Als Aufbewahrungsort bieten sich die vielen kleinsten Blutgefäße an, von denen der Mensch mehr besitzt, als er eigentlich braucht.
Ratten-Studien unterstützen Hypothese
Unterstützt wird diese Hypothese durch die Untersuchung von Ratten und einfachen Wirbeltieren. Sie reagieren auf niedrige Sauerstoffkonzentrationen viel empfindlicher als der Mensch.

Ob sie entsprechend auch weniger Kapillare besitzen, will Mintun nun untersuchen. Dann wären Tiere denkbar schlechte Modelle, um den Zusammenhang zwischen Blutfluss und Lernen befriedigend zu erklären.

(wissenschaft-online/red)
->   Welcome to the Neuro-Imaging Laboratories, Washington University St. Louis
->   Wissenschaft-online
 
 
 
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01.01.2010