News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Soziologen: Sechs Vätertypen unterscheidbar  
  Den Vater schlechthin gibt es nicht mehr: Zwei deutsche Soziologen haben herausgefunden, dass man mittlerweile sechs Vätertypen differenzieren kann, die ihre Rolle in der Familie ganz unterschiedlich anlegen.  
Das berichten Andrea Bambey und Hans-Walter Gumbinger vom Frankfurter Institut für Sozialforschung. Sie haben für das Forschungsprojekt "Neue Väter - andere Kinder?" eine Umfrage, Interviews und psychologische Tests bei mehr als 1.500 deutschen Vätern durchgeführt.
...
Die beiden Autoren haben in der Zeitschrift "Forschung Frankfurt" (4/2006, S. 26-31) einen kurzen Überblick zu ihrem Forschungsprojekt veröffentlicht.
->   Zum Artikel (pdf-Datei)
...
Von egalitär bis unsicher
 
Grafik:

Zuerst die grobe Typologie: Bambey und Gumbinger haben ihre Computer mit den Daten aus den Umfragen und Interviews gefüttert und durch ein Statistikprogramm laufen lassen.

Die Ergebnisse dieser so genannten Clusteranalyse: Sechs Gruppen von Vätern sind unterscheidbar, sie zeichnen sich durch jeweils ähnliche Haltungen, Wertvorstellungen und Familienkonstellationen aus.

"Egalitäre" Väter bilden mit 29 Prozent Anteil die größte Gruppe, danach folgen "fassadenhafte" (24) und "traditionelle, distanzierte" Väter (18) sowie solche, die die beiden Soziologen als "unsicher und gereizt" (13), "randständig" (10) und "partnerschaftlich, traditionell" (6) bezeichnen.
Selbstbewusst und engagiert
Egalitäre Väter legen beispielsweise Wert auf Partnerschaftlichkeit in der Beziehung und hohes emotionales Engagement gegenüber den Kindern. Traditionelle Rollenklischees lehnen sie ab, wohl auch deswegen, weil sie sich in ihrer Rolle sicher fühlen.

Die Erziehung fassen sie als gemeinsames Projekt der Partner auf, auch wenn sich das in der Praxis nicht immer durchhalten lässt. Wenn die Familie trotz aller Vorsätze in traditionelle Muster abrutschte ("Er verdient, sie kümmert sich um die Kinder"), hatte das meistens berufliche bzw. finanzielle Gründe.
Am Rande der Familie
Etwas problematischer fällt die Vaterrolle bei den so genannten randständigen Typen aus. Sie fühlen sich - der Name sagt es bereits - innerhalb der Familie an die Peripherie gedrängt. Soll heißen: Er glaubt, dass ihr die Mutter-Kind-Beziehung wichtiger ist, als jene zwischen den Partnern.

Randständige Väter fühlen sich tendenziell nicht sehr wohl in ihrer Vaterrolle, halten interessanter Weise Ihre Partnerinnen aber auch nicht für besonders kompetent in Sachen Kindererziehung.
Klischee und Realität
Bei fassadenhaften Vätern gibt es wiederum eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Wollen und dem Sein. Einerseits distanzieren sich solche Männer von der traditionellen Rollenverteilung, fühlen sich von Partnerin und Kind akzeptiert. Andererseits sind ihre familiären Vorstellungen stark von Klischees geprägt.

Das bedeutet, dass die nach außen gewissenhaften und fürsorglichen Väter kaum eigenständige Lösungen für Alltagsprobleme entwickeln können. In der Praxis sind sie mitunter überfordert.
Autorität schwindet - und entsteht neu
Und wie steht es mit dem oft erwähnten Autoritätsverlust der Väter? Ja, es gibt ihn, schreiben Bambey und Gumbinger, speziell bei randständigen und fassadenhaften Vätern. Aber es gibt auch den Gegentrend, nämlich jener zur neuen "individuellen Ausgestaltung" der Vaterrolle.

"Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft", wie noch der Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich befürchtet hatte, befinden wir uns also nicht.

[science.ORF.at, 8.1.07]
->   Frankfurter Institut für Sozialforschung
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010