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Neuer Rekord bei künstlichen Kugelblitzen  
  Nach wie vor umgibt das Phänomen von Kugelblitzen etwas Mysteriöses. Viele Theorien zur Entstehung der schwebenden "Feuerbälle" stehen im Raum. Vereinzelt ist es Wissenschaftlern bereits gelungen, die Leuchtkugeln im Labor zu erzeugen. Die Rezeptur für die bisher langlebigsten Kugelblitze hat nun ein brasilianisches Forscherduo gefunden.  
Die Kugelblitze mit Größen von Pingpong-Bällen hopsten bis zu acht Sekunden lang durch die Luft, berichten Antonio C. Pavao und Gerson Paiva von der Federal University of Pernambuco.
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Der Artikel "Could these bet he right balls of fire" in der Zeitschrift "New Scientist" (Nr. 2586, S. 12, 13. Jänner 2007) berichtet von der Studie der Brasilianer Antonio Pavao und Gerson Paiva. Ihre Untersuchung wird demnächst in den "Physical Review Letters" veröffentlicht.
->   Journal "New Scientist"
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Der "durchschnittliche" Kugelblitz
Seit Jahrhunderten wollen einige tausend Menschen bereits die leuchtenden Kugeln beobachtet haben, die schier aus dem Nichts aufzutauchen scheinen - und auch schnell wieder verschwinden. Kein Alltagsphänomen, aber doch so häufig, dass Wissenschaftler an ihrer Existenz nicht zweifeln.

In der Regel wurden Kugelblitze vor, während oder nach einem Gewitter wahrgenommen. Doch auch in Innenräumen kam es bereits zu Beobachtungen des Phänomens.

"Der 'durchschnittliche' Kugelblitz taucht mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern, einer Lebenszeit von rund zehn Sekunden und einer Leuchtkraft ähnlich der einer 100-Watt-Glühbirne auf", schrieben die Wissenschaftler John Abrahamson und James Dinniss von der University of Canterbury im Jahr 2000. Zugleich warteten sie mit einer der bisher "bodenständigsten" Hypothesen zur Entstehung der Kugelblitze auf (Nature, Bd. 403, S. 519).
These von Abrahamson und Dinniss ...
 
Bild: Brett Porter / New Scientist

Die zwei Neuseeländer gingen nicht von einer hoch verdichteten Plasmawolke oder gar Schwarzen Löchern im Miniaturformat aus - wie von einigen ihrer Kollegen zur Erklärung des Phänomens angedacht -, sondern von einer chemischen Reaktion: der Oxidation von reinem Silizium. Ihr Ausgangpunkt war ein in den Boden einschlagender Blitz.

Ihre Annahme: Beim Einschlag wird Siliziumdioxid als Hauptbestandteil von Sand in Silizium und Sauerstoff zerlegt. Das Silizium tritt als Dampf bzw. Siliziumpartikel aus und wird durch Sauerstoff oxidiert. Die Siliziumpartikel schließen sich dabei zu langen Ketten und - durch ihre elektrische Ladung - zu einem kugelähnlichen Gebilde zusammen und schweben durch die Luft.

Bei der Reaktion des Siliziums mit dem Sauerstoff wird Wärme freigesetzt, die das Gebilde zum Leuchten bringt. Ist das Silizium aufgebraucht, verschwinden die Kugelblitze. Wird die Kugel zu schnell heiß, verbrennen die Gebilde explosionsartig.

Bild oben: Mit 100 Meter Durchmesser ein ungewöhnlich großer Kugelblitz in freier Natur. Er leuchtete über fünf Minuten in Queensland, Australien.
... im Labor getestet
Abrahamson und Dinniss stellten nie selbst Kugelblitze im Labor - ihrer Annahme folgend - her. Ein Ziel, das sich nun die zwei brasilianischen Forscher setzten: Sie nahmen 350 Mikrometer dicke Silizium-Schichten, platzierten sie zwischen zwei Elektroden und "bearbeiteten" sie mit einer Starkstromentladung von bis zu 140 Ampere.

Indem sie die zwei Elektroden für nur wenige Sekunden etwas auseinander zogen, gelang es ihnen, das Silizium verdampfen zu lassen. Glühende Fragmente von Silizium wurden so freigesetzt, aber auch glühende Körper mit einer Größe von Tischtennisbällen, die bis zu acht Sekunden existierten.
Kugelblitze mit Spin
Die von den Brasilianern erzeugten Kugelblitze bewegten sich teils ruckweise zur Seite und teils nach vorne. Es zeigten sich zudem spiralförmige Rauchspuren, berichten die Chemiker Pavao und Paiva. Die Leuchtkörper drehten sich vermutlich.

Die blauweiße oder organgeweiße Farbe der Leuchtkörper lassen die Wissenschaftler annehmen, dass die Objekte eine Temperatur von annäherungsweise 1.700 Grad Celsius besaßen. Die Bälle brachten u.a. Plastik zum Schmelzen, berichtet der "New Scientist".
Acht Sekunden, bevor das Licht ausging
Die Leuchtdauer von acht Sekunden markiert wohl einen neuen Rekord: Frühere Experimente hatten Kugelblitze mittels Mikrowellen entstehen lassen, doch die Leuchtkugeln verschwanden Millisekunden später, nachdem die Mikrowellenstrahlung ausgeschalten wurde.

"Die Lebenszeit unserer Feuerbälle war um das Hundert- bis Tausendfache höher", so Pavao gegenüber dem "NewScientist". Welche chemischen Reaktionen hinter der Formation der Feuerbälle stecken, will das Forscherduo nun herausfinden. Zudem sollen andere Materialien getestet werden.

[science.ORF.at/11.1.07]
->   Website Antonio Carlos Pavao
->   Kugelblitz - Wikipedia
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Kugelblitze im Labor erzeugt (14.2.06)
 
 
 
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01.01.2010