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Experten kritisierten Methode von PISA-Test  
  Kaum ein gutes Haar an der Bildungsvergleichsstudie PISA ließen deutsche Experten am Montagabend bei einer Diskussion in Wien: Im Zentrum der Kritik stand dabei das mit der Studie verbundene Länder-Ranking.  
Österreichische PISA-Verantwortliche waren zur Veranstaltung des Instituts für Bildungswissenschaft der Universität eingeladen und auch angekündigt, haben aber letztendlich abgesagt.
Länder-Ranking alle drei Jahre
Die PISA-Studie wird alle drei Jahre von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) organisiert. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Leistungen von Schülern im Lesen, in der Mathematik und in den Naturwissenschaften, das Ergebnis ist unter anderem ein Länder-Ranking.

Die erste PISA-Studie wurde 2000 durchgeführt, Wiederholungen erfolgen alle drei Jahre. Die jüngsten veröffentlichten Ergebnisse gehen auf das Untersuchungsjahr 2003 zurück, dabei stand Mathematik im Vordergrund.

Die Ergebnisse der im Jahr 2006 durchgeführten dritten Studie (Schwerpunkt: Naturwissenschaften) werden im Dezember 2007 präsentiert.
Kritik an privater "Testindustrie" ...
Schon die Tatsache, dass die OECD als wirtschaftlich orientierte Einrichtung für die Untersuchung verantwortlich zeichnet, erregt bei den Wissenschaftlern Argwohn.

Das Studiendesign sei von privaten Organisationen erstellt worden, mittlerweile könne man sogar von einer "Testindustrie" sprechen, sagte Thomas Jahnke (Uni Potsdam).

Für ein derartiges wirtschaftliches Produkt stehe der Verkauf in möglichst viele Länder im Vordergrund und nicht Fragen der Bildung, so Jahnke.
... und an ihren Methoden
Bezüglich der Methoden der jüngsten Mathematik-Tests 2003 bemängelte Wolfram Meyerhöfer (Uni Potsdam) vor allem das so genannte Kompetenzstufenmodell (KSM). Dabei werden die Testfragen in verschiedene Schwierigkeitsgrade eingeteilt.

Das KSM ist für die Auswertung der Ergebnisse ganz zentral, vereinfacht gesagt: Je mehr Schüler schwere Fragen beantworten, desto besser schneidet ein Land ab.
Verschiedene Lösungswege bei Beispielen
Für den Experten ist dieses Modell allerdings nicht nachvollziehbar. So gab es im Katalog Fragen, die auf sehr unterschiedliche Weise gelöst werden können - etwa intuitiv oder unter Anwendung von mathematischen Formeln.

Je nach Art der Lösung kann die gleiche Frage in verschiedene Schwierigkeitsklassen fallen. Bei der Auswertung würde dieser Umstand aber in keiner Weise erwähnt, erklärte Meyerhöfer.
Keine Rücksicht auf Sprache der Fragen
Joachim Wuttke vom Forschungszentrum Jülich (Garching) bemängelte noch weitere Schwächen. So würden etwa sprachliche Eigenheiten bei den gestellten Aufgaben nicht berücksichtigt.

So seien etwa französische Texte bei den Mathematik-Aufgaben um rund zwölf Prozent länger als englische. Beim Zeitdruck, unter dem die Tests durchgeführt würden, habe dies Auswirkungen, die aber negiert würden.
Schlechte Übersetzungen
Auch bei den Übersetzungen traten laut Wuttke Probleme auf. So ist in einer Frage für die deutschen Schüler von "Hemisphäre" die Rede, ungeachtet der Tatsache, dass etwa in Bayern das Wort in den Schulbüchern nicht geläufig sei.

Hier werde durchwegs von "Halbkugel" gesprochen. Bei den aus statistischer Sicht knappen Ergebnissen der Länderrankings hätten derartige Kleinigkeiten durchaus ihre Auswirkungen.
Aufruf zur Verbesserung
Trotz der Mängel wollte Wilfried Grossmann (Uni Wien) aber das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Anstatt die PISA-Studie zu verbannen, sollte man lieber danach trachten, sie zu verbessern.

Generell seien derartige Erhebungen und Rankings etwa bezüglich Arbeitslosigkeit, Wirtschaftsdaten oder Teuerungsraten durchaus akzeptiert. Nur im Falle der Bildungsstudie PISA gebe es derart heftige Kritik.

[science.ORF.at/APA, 16.1.07]
->   PISA Österreich
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01.01.2010