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Uni-Zugang: EU startet Verfahren gegen Österreich  
  Die EU-Kommission hat heute ein neues Verfahren gegen Österreich wegen der Quotenregelung für Medizinstudenten gestartet. In dem Mahnschreiben hält die Kommission fest, dass diese Beschränkungen für ausländische Studenten aus ihrer Sicht nicht EU-rechtskonform und unverhältnismäßig sind.  
Österreich hat nun zwei Monate Zeit, auf das Schreiben zu reagieren.
Ende der Quotenregelung in Sicht
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Juli 2005 Österreichs Uni-Zugangs-Beschränkungen für ausländische Studenten aufgehoben, weil sie gegen EU-Recht verstießen.

Nach einer Übergangsphase ohne Beschränkung für ausländische Studenten wurde ab dem Wintersemester 2006 eine Quotenregelung für Medizin eingeführt: 75 Prozent der insgesamt 1.500 Anfänger-Studienplätze sind für Inhaber österreichischer Reifezeugnisse reserviert, 20 Prozent für EU-Bürger und fünf Prozent für Nicht-EU-Bürger.

Der Sprecher von Bildungskommissar Jan Figel, Frederic Vincent, begründete das neuerliche Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich und Belgien mit den Grundprinzipien des EU-Rechts, um die es bei der Freizügigkeit von Personen und dem Verbot der Diskriminierung gehe.

Die EU feiere heuer das 50-jährige Jubiläum der römischen Verträge und 20 Jahre des Austauschprogramms Erasmus. "Es ist einfach nicht akzeptabel, dass es da noch Hürden für andere EU-Studenten an Universitäten geben kann", sagte Vincent.
Reaktionen: Ärztemangel befürchtet
Die SPÖ und Studentenvertreter befürchten aufgrund des neuerlichen EU-Verfahren gegen die Quotenregelung einen Ärztemangel in Österreich. In nicht einmal zehn Jahren würden jährlich 1.600 Ärzte in Pension gehen, aber nur etwas mehr als 800 ausgebildete Ärzte zur Verfügung stehen, so Broukal.

Die meisten ausländischen Studierenden, die für das Studium nach Österreich gekommen sind, würden nach dem Studium wieder in ihre Heimatländer zurück kehren, warnte Jenny Bruni, Vorsitzende der Hochschülerschaft an der Medizin-Uni Wien in einer Aussendung.
Ähnliche Probleme in Belgien
Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat nach dem ersten rot-schwarzen Arbeitsministerrat "klare und manchmal harte Gespräche" mit der EU-Kommission über die österreichische Quotenregelung für den Uni-Zugang angekündigt. Über eine Klage der Kommission beim EuGH wäre er "nicht sehr froh". Gusenbauer: "Man muss auch klar sagen, was hier angerichtet wird unter Umständen."

Vizekanzler Wilhelm Molterer kündigte bei dem gemeinsamen Auftritt mit Gusenbauer an, dass sich Österreich in dieser Frage "auf die Hinterbeine stellen" werde. Sollte die Quotenregelung wirklich gekippt werden, würde das nicht "dem europäischen Geist" entsprechen.

Österreich sei in dieser Frage allerdings nicht alleine, sondern habe eine ähnliche Interessenslage wie Belgien (dort gibt es ähnliche Debatten über eine Beschränkung des Uni-Zugangs für Franzosen).
Hoffen auf "Modus Vivendi"
Wissenschaftsminister Johannes Hahn will sich in dieser Sache am Freitag mit seiner deutschen Amtskollegin Annette Schavan treffen. Er hofft auf einen "Modus Vivendi" mit dem deutschen EU-Ratsvorsitz in dieser Sache, von dem man dann auch die "Prinzipienwächter" der EU überzeugen könne.

Wichtig sei jedenfalls, die Versorgung mit Ärzten in Österreich sicherzustellen. Auch darüber werde er mit der deutschen Wissenschaftsministerin sprechen.

Was die Situation in Österreich betrifft, war Hahn um Beruhigung bemüht: Wer im Wintersemester 2007 ein Medizinstudium beginnen wolle, für den werde sich nichts ändern. Derzeit sei man erst am Anfang eines Diskussionsprozesses mit der EU. Mit einer Entscheidung sei erst 2008 oder 2009 zu rechnen.

Ausgleichszahlungen aus Deutschland für in Österreich studierende Staatsbürger hält Hahn im übrigen für unrealistisch. Andenken könne man aber einen innereuropäischen Finanzausgleich, so der Wissenschaftsminister.

[science.ORF.at/APA, 24.1.07]
Hintergrund zum Thema in science.ORF.at:
->   Uni-Zugang könnte erneut vor dem EuGH landen (22.1.07)
O-Töne bei oe1.ORF.at:
->   EU lehnt Quotenregelung ab
->   "EU-Entscheid gefährdet Gesundheitssystem"
 
 
 
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01.01.2010