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ORF ON Science :  News :  Gesellschaft .  Umwelt und Klima 
 
Auch Meinungsklima braucht Klimawandel  
  Dass sich das Weltklima global erwärmt, ist in der Klimaforschung Konsens. Auch die Politik reagiert langsam, aber sicher auf die damit verbundenen Gefahren. In der Vermittlung ihres Anliegens hat sie aber zumindest ein Problem: Viele Menschen fühlen sich nicht unmittelbar betroffen oder halten das ganze für einen Medienhype.  
Bei der Jahrestagung der US-Wissenschaftsgemeinde (AAAS) in San Francisco gingen Umweltforscher der Frage nach, wie der Klimawandel besser zu kommunizieren sei - mit Appellen an Schuldgefühle oder Schüren von Angst jedenfalls nicht, lautete der Tenor.
Nur ein Drittel macht sich Sorgen
Ein Problem ist es nach Ansicht der Umweltforscherin Lisa Dilling von der Universität Colorado, dass die meisten Menschen keinen unmittelbaren Zusammenhang sehen zwischen ihrem eigenen Verhalten und den Auswirkungen auf das Klima - etwa von Verwendung des PKWs und dem CO2-Ausstoß.

"Klimaveränderung wird anders erfahren als unmittelbare Probleme wie Arbeitslosigkeit oder Verkehrsstaus."

Zwar hätten 90 Prozent der Amerikaner schon von dem Phänomen der Erderwärmung gehört und die Mehrheit von ihnen halte sie auch für ein "ernsthaftes Problem", Sorgen mache sich aber nur rund ein Drittel.
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Buch zum Thema
Lisa Dilling hat zu dem Thema das Buch "Creating a Climate for Change: Communicating Climate Change and Facilitating Social Change" geschrieben, erschienen im Februar 2007 bei Cambridge University Press.
->   Mehr über das Buch (Cambridge University Press)
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Konkretere Situationen, mehr Verständnis
Wirkungsvolle Kommunikationsmaßnahmen sollten nach Ansicht Dillingers auf eines verzichten: auf den bloßen Appell an Schuldgefühle oder Angst, ohne praktische Lösungsvorschläge anzubieten. Zielführender seien Beispiele von Auswirkungen des Klimawandels auf betroffene Personen oder Unternehmen.

Denn je konkreter die Situation, desto größer das Verständnis: So sei die Bereitschaft zu persönlichen Verhaltensänderungen in Alaska z.B. deutlich höher als in anderen Regionen der USA. Höhere Temperaturen, schmelzendes Eis und erodierende Böden liefern hier sichtbare Argumente.
Welche Bilder "Klimawandel" auslöst
Mit einem Fototest überprüfte der Umweltwissenschaftler und Ko-Autor des Buches Anthony Leiserowitz von der University of Oregon, welche Bilder seine Landsleute emotional mit dem Klimawandel verknüpfen.

61 Prozent bezogen sich demzufolge auf vier Kategorien: Eisschmelze in der Arktis, höhere Temperaturen, polare Ozonlocher und Auswirkungen "auf die Natur".

Weil sich diese Bilder zumeist auf - sowohl im geografischen als auch psychologischen Sinne - entfernte Regionen beziehen, sei das relative Desinteresse der Amerikaner auch zu erklären.
Keine Assoziation mit Gesundheit und Wetterextremen
Die wichtigste Erkenntnis des Bildertests betrifft laut Leiserowitz eine Leerstelle: "Wir haben keine Verbindung zwischen dem Klimawandel und möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit bzw. die Zunahme extremer Wetterereignisse gefunden." Genau diese seien aber zu erwarten.
Mut zur Offenheit und Konkretheit
Die Schlüsse, die Leiserowitz für eine bessere Vermittlung des Sachverhalts zieht: Kommunikatoren sollten die lokalen Auswirkungen des Klimawandels betonen und sie mit Hilfe heute schon betroffener Menschen - etwa in Alaska - illustrieren.

Außerdem sollten sie die möglichen Folgen für die Gesundheit der Menschen skizzieren und sich auch nicht davor scheuen, weiter bestehende Unklarheiten offen anzusprechen.
Zwischen Alarmismus und Neinsagerei
Leiserowitz hat auch zwei extreme Kommunikationstypen herausgearbeitet: auf der einen Seite die "Alarmisten" mit apokalyptischen Zukunftserwartungen, die weit über die von Wissenschaftlern gezeichneten Szenarien hinausgehen. Sie tendieren im politischen Spektrum der USA eher nach links.

Auf der anderen Seite die "Neinsager", die den Klimawandel trotz aller Beweise nach wie vor für ein Gerücht halten. Sie sind eher weiß, männlich, konservativ und religiös.

Die Mehrheit der Amerikaner befinde sich zwischen diesen beiden Positionen, betont Leiserowitz.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 16.2.07
->   Mehr über das Buch (Universität Colorado)
->   Lisa Dilling, Universität Colorado
->   Anthony Leiserowitz, Universität Oregon
->   American Association for Advancement of Science
Aktuelles zu dem Thema in science.ORF.at:
->   UNO-Klimabericht: Temperaturanstieg "beispiellos" (2.2.07)
->   Studie: Folgen des Klimawandels bisher unterschätzt (1.2.07)
 
 
 
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01.01.2010