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Wiederholungen gegen falsche Studienresultate  
  Vor zwei Jahren ließ die Untersuchung eines griechischen Statistikers aufhorchen, der zufolge mehr als die Hälfte aller Medizinstudien falsch ist. Eine aktuelle Publikation gibt dem nun Recht, macht aber auch konkrete Verbesserungsvorschläge: Je öfter und genauer Studien wiederholt werden, desto eher sind die Resultate wahr.  
Fehlerquellen-Studie war Download-Hit
Die ursprüngliche Studie wurde im August 2005 vom Mediziner John Ioannidis von der Universität Ioannina im "PlosMedicine" veröffentlicht. Sein Artikel entwickelte sich in dem Open-Access-Journal zu einem großen Erfolg und wurde seither mehr als 100.000 Mal gratis heruntergeladen.

Vielleicht um dies zu wiederholen, widmet die noch junge Wissenschaftszeitschrift diese Woche gleich zwei Beiträge den Thesen von Ioannidis. Dieser hatte vor zwei Jahren eine Reihe von statistischen Faktoren identifiziert, die zum Wahrheitsverlust bei medizinischen Studien führen.

Zu den Fehlerquellen gehören seiner Ansicht nach vor allem zu kleine Stichproben und unpassende Untersuchungsdesigns, aber auch Voreingenommenheit, "Einzelkämpfertum" und eigene finanzielle Interessen der Forscher.
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Der Artikel von John Ioannidis "Why Most Published Research Findings Are False" in "PLoS Medicine" (2(8): e272, DOI: 10.1371/journal.pmed.0020124):
->   Artikel
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Gen-Studien werden zu selten wiederholt
Die hohe Fehleranfälligkeit stellen Ramal Moonesinghe vom US-Zentrum für Krankheitskontrolle und seine Kollegen in einem aktuellen Artikel nicht prinzipiell in Frage. Sie betonen aber die Wichtigkeit der Wiederholung von Studien, speziell im boomenden Bereich der genetischen Korrelationen.

Sie berichten von einer Metastudie, die dem Zusammenhang von bestimmten Genvarianten und Krankheiten nachgegangen ist.

600 solcher Korrelationen sind dabei aufgelistet, bei nur 166 wurden die Untersuchungen mindestens dreimal wiederholt, bei nur sechs "immer wieder" - was die Forscher für bedauerlich wenig erachten.
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Der Artikel von Moonesinghe et al. "Most published research findings are false - But a little replication goes a long way" in "PLoS Medicine" (4(2): e28; 27.2.06):
->   Artikel
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Eckstein der Wissenschaft
Denn die Wiederholung von Experimenten sei der "Eckpfeiler der Wissenschaft", schreiben Moonesinghe und Kollegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Resultate von Studien wahr seien, steige mit der Anzahl der Wiederholungen ihrer Experimente.

Weil sie das selbst nicht für ganz unerwartet halten, plädieren sie für "echte Wiederholungen", die ganz präzise das ursprüngliche Untersuchungsdesign nachstellen und sprechen sich gegen weit verbreitete "Pseudo-Experimente" aus, die nur scheinbar Design, Setting und Umgebung reproduzieren.
Wie weit sind falsche Resultate akzeptabel?
Einem anderen Aspekt gehen Benjamin Djulbegovic von der Universität South Florida und Iztok Hozo von der Universität Indiana nach: Sie fragen sich, bis zu welchem Grad falsche Resultate von Medizinstudien gesellschaftlich akzeptabel sind.

Ihrer Ansicht nach hängt das von zwei Variablen ab: dem möglichen Nutzen und den möglichen Schäden, die die Forschungsresultate zeitigen können.
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Der Artikel von Djulbegovic und Hozo "When should potentially false research findings be considered acceptable?" in "PLoS Medicine (4(2): e26; 27.2.06):
->   Artikel
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Eine gesellschaftliche Frage
Die Akzeptanz auch falscher Studienergebnisse hänge von unserem "akzeptablen Bedauern" ab - damit meinen die Autoren die Toleranz gegenüber falschen Entscheidungen, die auf Forschungshypothesen beruhen.

Um ihre Thesen zu illustrieren, schlagen Djulbegovic und Hozo neue Richtlinien vor, mit denen klinische Studien in einer Frühphase gestoppt oder weitergeführt werden können.

Absolute Wahrheit, so die Forscher, sei in der Wissenschaft unmöglich, es liege an der Gesellschaft, welcher Fehlergrad akzeptiert werde.

[science.ORF.at, 27.2.07]
->   Centers for Disease Control and Prevention
->   Benjamin Djulbegovic, Universität South Florida
->   Iztok Hozo, Universität Indiana
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Statistik: Hälfte der Forschungsstudien ist falsch (30.8.05)
->   Forschungsfälschungen: So alt wie die Wissenschaft (1.11.2002)
 
 
 
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01.01.2010