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Psychische Folter wirkt wie körperliche Folter  
  Folteropfer haben nach einer Studie britischer Psychologen langfristig unter den Folgen seelischer Misshandlungen genauso schwer zu leiden wie unter körperlichen Qualen.  
Der Studie kommt politische Bedeutung zu: Beim Umgang mit Terrorverdächtigen in Guantánamo, Irak und Afghanistan bedienen sich US-Behörden einer engen Definition von Folter, die körperliche Verletzungen ausschließt, psychischen Missbrauch aber zulässt. Dem widersprechen die Autoren der Studie.
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"Torture vs Other Cruel, Inhuman, and Degrading Treatment. Is the Distinction Real or Apparent?" von Metin Basoglu et al. erschien in den "Archives of General Psychiatry" (Bd. 64, S. 277-285).
->   Zur Studie
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"Gefährliche Unterscheidung"
"Eine Unterscheidung zwischen Folter und erniedrigender Behandlung ist nicht nur nutzlos, sondern auch gefährlich", resümiert der Bioethiker Steven Miles von der University of Minnesota in einem begleitenden Kommentar in den "Archives of General Psychiatry" (64, 275).

Die Untersuchung von 279 Folteropfern aus der Zeit der Balkan-Kriege in den 90er Jahren habe gezeigt, dass die Opfer psychischer Folter in gleichem Maße unter Folgeerkrankungen wie Depressionen oder traumatischen Störungen leiden wie die Opfer körperlicher Folter.
Traumata gleichen einander
Die Studie führt den Forschern zufolge zu dem Schluss, dass die Traumatisierung bei den unterschiedlichen Folterarten gleichartig ist: Sie resultiere allgemein aus einem Gefühl der absoluten Angst und Hilfslosigkeit in den Händen ihrer Schergen.

"Schlechte Behandlung während der Gefangenschaft - wie etwa psychische Manipulationen, Erniedrigungen und Stress - scheinen sich in Bezug auf die Schwere der seelischen Leiden nicht grundsätzlich von physischer Folter zu unterscheiden", heißt es in der Untersuchung.
Völkerrechtliches Verbot gefordert
Die Befunde ließen darauf schließen, dass solche psychischen Misshandlungen "der Folter gleichkommen und deshalb völkerrechtlich verboten werden" müssen. Dies gelte insbesondere auch für die internen Richtlinien der US-Behörden im Umgang mit Terrorverdächtigen.

Das US-Verteidigungsministerium und das Justizministerium hatten im Jahr 2003 Richtlinien ausgearbeitet, die nicht-körperliche Misshandlungen zulassen, um den Willen von Gefangenen zu brechen.

[science.ORF.at/AP, 6.3.07]
->   Steven Miles - University of Minnesota
 
 
 
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01.01.2010