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Radiologen: Krach mit EU wegen Magnetresonanz  
  Eine neue EU-Richtlinie könnte den Einsatz von Magnetresonanztomografie gefährden, warnen Wissenschaftler beim Radiologenkongress in Wien. Die Umsetzung müsse zumindest verschoben werden.  
Die von den Mitgliedstaaten bis spätestens April 2008 umzusetzende Richtlinie 2004/40/EC (EU Physical Agents) gefährdet laut den Radiologen massiv die Anwendung des modernsten bildgebenden Verfahrens in der Medizin, der Magnetresonanz (MRI, auch: Kernspintomographie).

"Das betrifft pro Jahr acht Millionen Untersuchungen in Europa", warnte der niederländische Experte Gabriel Krestin am Freitag in einem Pressegespräch bei dem Kongress.
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16.000 Teilnehmer aus 90 Staaten der Welt werden beim Europäischen Radiologenkongress (ECR) erwartet. Er findet bis 13. März im Austria Center Vienna statt.
->   Infos zum Programm
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Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer
"Die Direktive wurde zum Schutz der Arbeitnehmer vor allen möglichen elektromagnetischen Feldern erlassen. Doch dabei wurde nicht eingerechnet, dass sie auch die Magnetresonanz bedrohen könnte.

Wenn sie in nationales Recht umgesetzt wird, werden wir MR-Untersuchungen nicht mehr durchführen können, weil bei den Untersuchungen die eigentlich für andere elektromagnetische Strahlenfelder beinhalteten Grenzwerte dabei um das Zehn- bis 50fache überschritten werden, sagte Krestin.

Er verlangt eine Verschiebung der Frist (bis 1. April 2008, Anm.) oder eine Ausnahme für die Magnetresonanz.
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Magnetresonanz weniger gefährlich als Röntgen
Grundsätzlich gilt die Magnetresonanz - ihre Erfinder Paul Lauterbur (USA) und Peter Mansfield (UK) wurden 2003 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet - im Vergleich zu Röntgen und Computertomographie (ebenfalls Röntgenstrahlen) als ungefährlicher. Sie basiert ja auf Magnetstrahlung.

Deren Effekte summieren sich auch nicht. Aus der Diagnose von Tumoren (z.B. Gehirn), von Gelenks- und Knorpelschäden, Defekten der Blutgefäße etc. ist die Methode einfach nicht mehr wegzudenken.
->   Mehr zum Thema Magnetresonanz bei Wikipedia.de
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Ausnahmeregelung für Europa
Weder in den USA noch in Japan gibt es solche Regelungen. Weder die EU-Generaldirektionen für Gesundheit noch jene für die Forschung bzw. die Industrie waren mit der Direktive beschäftigt. Krestin: "An der Festlegung der Grenzwerte waren auch keine MR-Experten beteiligt."

Bei dem Kongress in Wien wurde am Freitag eine "Europäische Allianz für Magnetresonanz" präsentiert, die sich nun des Themas annehmen wird. An der Veranstaltung nahm auch Hannes Swoboda, parlamentarischer Geschäftsführer der SPE-Fraktion, teil.
Österreich wartet ab
Österreich setzt in der Frage laut Tagungspräsident Christian Herold auf Abwarten. Man will vorerst kein Gesetz auf der Basis der Direktive initiieren.

In Gefahr wären aber im Fall des Falles auch hoch spezialisierte Forschungsarbeiten: So entsteht am Wiener AKH derzeit ein Zentrum für MR-Forschung mit vier 3-Tesla- und einem 7-Tesla-Gerät für Magnetresonanz. Damit sollen völlig neue Wege in der Diagnose von Krankheiten begangen werden. Auch das wäre von der Direktive betroffen.

[science.ORF.at/APA, 9.03.07]
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01.01.2010