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"Bio-Produkte" schonen die Umwelt  
  Ob Rindfleisch, Apfelsaft oder Zitrone - immer mehr Lebensmittel sind auch als "Bio"-Produkte erhältlich. Ist "Bio" besser? Das fragen sich wohl viele Konsumenten, wenn sie zu Bio-Tomate, Bio-Weckerl oder Bio-Zitrone greifen.  
Eine einfache Antwort gibt es nicht - pauschal von Lebensmitteln aus biologischem Anbau als grundsätzlich "gesünderen" Lebensmitteln zu sprechen, wagt die Wissenschaft nicht.

Es gibt aber Hinweise - z.B. dass Bio-Produkte naturgemäß weniger mit Schadstoffen belastet sind und ihr Anbau die Umwelt weniger belastet als konventionelle Landwirtschaft. Im Rahmen des dieswöchigen "ORF-Themenschwerpunkts Ernährung" geht science.ORF.at der Frage nach "Ist 'Bio' besser?"
Gleich viele Vitamine, weniger Pestizide
"Bio" das verbinden viele Konsumenten mit "gesund". Ob das tatsächlich so ist, versucht die Ernährungswissenschaftlerin Ingrid Kiefer von der Medizinischen Universität Wien zu klären.

Sie hat 128 internationale Studien ausgewertet, die Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau und aus biologischem verglichen haben: "Sie sind überlegen in dem Sinne, dass sie weniger Pestizide aufweisen. Und in dem Sinne, dass sie zumindest so viele Vitamine, Mineralstoffe und andere Schutzstoffe haben wie konventionelle."

Also nicht unbedingt und automatisch mehr Vitamine und Mineralstoffe. Die Datenlage sei dazu nicht eindeutig, sagt die Ernährungswissenschaftlerin im Ö1 Mittagsjournal. Auch die Analyse für Schwermetalle wie Blei und Cadmium falle nicht pauschal zugunsten der Bio-Produkte aus. In Hinblick auf Belastung mit Pflanzenschutzmitteln hingegen schneiden Bio-Lebensmittel naturgemäß besser ab.
Öko vs. konventionell am Beispiel Vitamin-C
Zum Beispiel haben mehrere Studien den Vitamin-C-Gehalt von Bio und konventionellem Obst und Gemüse verglichen - vielfach waren die Bio-Varianten von Karotte, Kartoffel oder Kohl die Vitamin-Kaiser, manchmal die konventionell angebauten und oft gab es einfach keinen Unterschied.
Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe als denkbares Plus
In anderen Obst- und Gemüsebestandteilen, den sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, könnte ein Pluspunkt für Bio-Produkte stecken, sagt die Ernährungswissenschaftlerin im ORF Radio, allerdings gebe es dazu noch wenig Fakten:

"Dabei handelt es sich um eine Stoffklasse, die die Pflanze selbst bildet, um sich vor Umwelteinflüssen, vor Schädlingen usw. zu schützen. Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe haben auch besondere Schutzwirkungen für den Menschen - sie wirken zum Teil anti-oxidativ, schützen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vielen sagt man sogar eine gewisse Schutzwirkung vor Krebserkrankungen nach."
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Umfrage: Konsumenten halten "Bio" für gesünder
In Österreich ist für 41 Prozent der Nichtkäufer der hohe Preis das ausschlaggebende Argument dagegen. Jene, die biologisch erzeugte Lebensmittel kaufen, glauben an die gesundheitliche Wirkung. Mehr als zwei Drittel der Befragten in Österreich sind der Ansicht, Biokost sei im Vergleich zu anderen Nahrungsmitteln gesünder für sie und ihre Kinder (53 Prozent sind insgesamt dieser Meinung, 40 Prozent für sich, 13 Prozent für die Kinder).
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Nonnen und Biobauern als Versuchspersonen
Nur sechs Studien haben bisher den gesundheitlichen Effekt von Bio-Lebensmitteln auf Menschen untersucht, sagt Ingrid Kiefer und schildert im Ö1 Journal eine Studie mit Nonnen:

"Die Nonnen sind rein mit Lebensmitteln aus biologischem Anbau ernährt worden. Nach einer gewissen Zeit waren Immunparameter verbessert. Wie sich das tatsächlich ausgewirkt hat? [Anm. ob z.B. seltener krank] Man hat zumindest festgestellt, dass bestimmte Parameter verbessert waren."

Eine andere Studie mit Menschen wurde an Biobauern durchgeführt. Das Ergebnis: Die Spermienqualität der Bio-Esser war besser.
"Mehrwert" der Marke
"Bio" ist auch Philosophie: "Bio" das könne man nicht nur anhand von Vitaminen, Spritzmitteln und Schadstoffen in Kartoffel, Camembert und Co bilanzieren.

Die Ernährungswissenschaftlerin Kiefer spricht von einem darüber hinausgehenden "Mehrwert": "Da stehen ja Richtlinien dahinter. Z.B. werden die Böden weniger genutzt, die Umwelt wird schonender behandelt, die artgerechte Tierhaltung - das alles ist für mich wesentlich."
Beitrag zum Umweltschutz
Den Mehrwert betont auch Bernhard Freyer vom Institut für ökologischen Landbau der Universität für Bodenkultur in Wien. Mit Bio-Lebensmitteln leiste man einen Beitrag zum Umweltschutz, meint Freyer.

Zum Beispiel weil kein Stickstoff-Dünger verwendet wird, dessen Herstellung viel Energie verbraucht. Ein anderes Argument: Am Bioacker blüht und gedeiht, kreucht und fleucht wesentlich mehr - und das macht Sinn, schildert der Agrarbiologe am Vergleich Bio- und konventioneller Weizen:

"Im konventionellen Landbau wird mineralisch erzeugter Stickstoff eingesetzt und die Folge sind oft Krankheiten wie bspw. Mehltau. Im Gegensatz dazu ist das System 'Weizenanbau' im ökologischen Landbau extensiver und verzichtet auf Stickstoffeinsatz. Dementsprechend haben wir ein geringeres Risiko für das Auftreten von Pilzen und insofern können wir auch auf Pestizide verzichten."
"Label lügen nicht"
Auf die diversen österreichischen Bio-Gütesiegel ist laut Öko-Landwirtschafts-Professor Freyer übrigens Verlass.

Und zu guter Letzt ist "Bio" nicht nur Marke und Philosophie, sondern auch Boom: Die Bio-Anbauflächen steigen stetig und machen laut Landwirtschaftsministerium derzeit 15 Prozent der Agrarflächen aus.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 12.3.07
->   ORF-Themenschwerpunkt Ernährung (11.-16. März 2007)
->   Der Themenschwerpunkt in Ö1
->   Ingrid Kiefer
->   Bernhard Freyer
Mehr zum Themenschwerpunkt:
->   Pflanzenmargarine ist gesünder als Butter (9.3.07)
Mehr zum Thema "Bio" in science.ORF.at:
->   Nährstoffprofil bei Bio-Lebensmitteln besser (9.11.06)
->   Studie: Gutes Zeugnis für biologische Ernährung (15.10.03)
->   Öko-Landbau weit effektiver als herkömmlicher (30.5.02)
->   Die Vorzüge des Biolandbaus sind belegt (30.3.01)
 
 
 
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01.01.2010