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Kälteres Klima fördert Entstehung neuer Arten  
  Ein warmes Klima ist gut für die Artenvielfalt, so lautete eine generelle Annahme in der Biologie. Diese Aussage müsste zugunsten des kälteren Klimas umformuliert werden. Denn laut einer aktuellen Studie braucht eine Art umso kürzer zum Aufspalten in zwei neue, je weiter man nach Norden geht.  
"Der Artenwandel geht in Kanada schneller vor sich als im Amazonas-Gebiet", bringt der Zoologe Dolph Schluter von der University of British Columbia das Ergebnis der Untersuchung auf den Punkt.

Dass dennoch einfach mehr Arten in warmen Gebieten leben, bringen die Forscher damit in Zusammenhang, dass dort weniger Arten aussterben.
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Die Studie "The Latitudinal Gradient in Recent Speciation an Extinction Rates of Birds and Mammals" von Jason Weir und Dolph Schulter ist am 15. März 2007 in "Science" erschienen (Band 315, S. 1.574-1.576, doi:10.1126/science.1135590).
->   Science
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Arten spalten sich in kälterem Klima schneller auf
Der Amazonas und der ihn umgebende Regenwald gelten als Inbegriff der Artenvielfalt. Sie unterstützten anschaulich die These in der Biologie, dass ein warmes Klima mit der Entstehung neuer Arten zusammenhänge.

Dem halten nun aber die kanadischen Zoologen Jason Weir und Dolph Schulter die Ergebnisse ihrer Studie entgegen, wonach eine neue Art in einem kälteren Klima um ein Vielfaches schneller entstehe als in den Tropen.
Familiärer Stammbaum anhand eines Gens
Bild: Jason Weir
Konkret erstellten die Forscher einen genetischen Stammbaum von 618 Säugetier- und Vogelarten auf dem gesamten amerikanischen Kontinent. Um die Verwandtschaft bzw. Aufsplitterung in zwei Arten bestimmten zu können, zogen sie die DNA des Gens Cytochrom B heran - ein, wie sie schreiben, sehr übliches Merkmal zur Verwandtschaftsanalyse.

Bild rechts: Der männliche Maskentityra (Tityra semifasciata) ist ein Vertreter einer tropischen Vogelart, deren Verwandtschaftsverhältnisse im Rahmen der Studie analysiert wurden. Seine Schwesternart, der Schwarzschwanztityra, spaltete sich vor vier Millionen Jahren ab.
Kältere Gebiete im Vorteil bei Aufsplitterung ...
Die Ergebnisse der Analyse sprechen eine klare Sprache: In den Tropen braucht eine Art drei bis vier Millionen Jahre, bis sich aus ihr zwei getrennte Arten entwickeln. Rund um den 60. Breitengrad, immerhin der Beginn der subpolaren Zone, dauert dieser Vorgang hingegen in vielen Fällen nur eine Million Jahre.
... aber im Nachteil bei Ausrottung
Der Haken an der Sache: Die höhere Spezifikationsrate wird von einer größeren Ausrottungsrate konterkariert, die, wie die Forscher vermuten, durch die extremeren Klimaschwankungen verursacht wird.

Das würde auch erklären, warum es trotz langsamerer Aufspaltung in warmen Gebieten die größere Artenvielfalt gibt: Die Chance zu überleben ist einfach größer.

[science.ORF.at, 16.03.07]
->   Website von Dolph Schluter
->   Abteilung für Zoologie, Universität British Columbia
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01.01.2010