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Mathematisches Rätsel mit 248 Dimensionen gelöst  
  Mathematiker feiern die Kartierung einer 248-dimensionalen Struktur. Vier Jahre lang wurde mit Computern gerechnet, die Kalkulation würde, brächte man sie zu Papier, ganz Manhattan bedecken.  
Gleichzeitig zeigen sich anhand dieses Durchbruchs auch die Vermittlungsprobleme der Mathematik. Wie auch Peter Michor vom Institut für Mathematik der Uni Wien im Gespräch mit science.ORF.at festhält, ist das durch E8, so der Name der komplexen Aufgabe, beschriebene Problem so kompliziert, dass man schon die Herausforderung an sich kaum allgemein verständlich erklären kann.
Strukturen zur Beschreibung von Symmetrien
E8 gehört zu den so genannten Lie-Gruppen. Unter diesem Begriff versteht man mathematische Strukturen, die zur Beschreibung von Symmetrien gebraucht werden. Benannt wurden sie nach dem norwegischen Mathematiker Sophus Lie, der diese Gruppen um 1870 entdeckt hat.

E8 ist die komplizierteste der Lie-Gruppen, eine wahre Herausforderung für Mathematiker, wie es David Vogan vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Gespräch mit der BBC beschreibt: "Mathematiker können immer ein Beispiel nennen, das noch schwieriger zu lösen ist als jenes, an dem man selbst gerade arbeitet. Aber bei den Lie-Gruppen war es klar, dass E8 die härteste Nuss ist."
->   Details zu E8 (American Institute of Mathematics)
Technischer Fortschritt ermöglicht Lösung
Nun ist es gelungen, diese 248-dimensionale Struktur zu kartieren. Aber was bedeutet das? Der Mathematiker Peter Michor betont, dass es ein Durchbruch sei, dass man solch komplexe Probleme heute mit Hilfe von Computern angehen und auch lösen könne.

Während der vier Jahre Arbeit an der Lösung ist der Computer wiederholt zusammengebrochen, immer wieder musste an den Rechenoperationen gefeilt werden. Letztlich dauerte die Kartierung von E8 77 Stunden reine Rechenzeit.
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Mehr Daten als das Human Genome Project
Die Gesamtheit der Daten zu den menschlichen Genen, das so genannte Genom, braucht weniger als ein Gigabyte Speicherplatz; das Ergebnis von E8 hingegen 60 Gigabyte. Dieser Platz würde genügen, um 45 Tage kontinuierlicher Musik im MP3-Format abzuspeichern. Auf Papier geschrieben, würden die Kalkulationen mehr Fläche als ganz Manhattan bedecken, heißt es in einer Presseaussendung des American Institute of Mathematics.
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Verbessertes Grundlagenwissen
Dass es nun gelungen ist, E8 zu lösen, sei deshalb auch in erster Linie für die Mathematik intern wichtig, ein Fortschritt im Grundlagenwissen, so Michor gegenüber science.ORF.at. Die in die gigantische Rechenoperation involvierten Forscher hoffen, vor allem Physikern bei ihrer Arbeit an Strukturen helfen zu können, die über mehr als vier Dimensionen verfügen.

Der Öffentlichkeit bleibt das Staunen über die gigantischen Ausmaße, die diese Kalkulation annahm - und die Neugier, ob von der nächsten Rechenoperation vielleicht ganz New York bedeckt sein wird.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 21.03.07
->   Vortrag von David Vogan (MIT) über die Kartierung von E8 (.pdf)
->   American Institute of Mathematics
->   Mehr über Lie-Gruppen bei Wikipedia.de
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->   Moscheen: Spiegelbild islamischer Mathematik? (23.2.07)
->   Mathematiker berechnen Fabelweltrekorde (21.12.06)
->   Mathematik: Die Last des Beweises (29.9.06)
 
 
 
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01.01.2010