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Bei Terrorgefahr: Sicherheit geht vor Freiheit  
  Angesichts von Terrordrohungen gerät die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit schnell aus dem Gleichgewicht. In Deutschland würde die Mehrheit der Bevölkerung auf Grundrechte verzichten.  
Wie die jüngsten Ergebnisse des Zentrums für Umfragen, Methoden und Analysen an der Universität Mannheim zeigen, tendiert die deutsche Bevölkerung eher zur Zurücknahme einiger Rechte zugunsten einer stärkeren staatlichen Kontrolle.

Die Erhebung ist ein Teil des "International Social Survey Programme", das jedes Jahr Daten zu sozialwissenschaftlich interessanten Themen erhebt.
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Fragen nach Einschränkung der persönlichen Freiheit
Gefragt wurde nach der Zustimmung der Ausweitung staatlicher Rechte bei Terrorverdacht. Zur Debatte standen die beliebig lange Inhaftierung von Menschen ohne richterliche Anordnung, das Abhören von Telefongesprächen und das Anhalten und Durchsuchen von Menschen auf der Straße.
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Mehr als die Hälfte verzichtet auf zwei von drei Rechten
Nur 24 Prozent sind nicht bereit, auf eines dieser bürgerlichen Rechte zu verzichten, mehr als die Hälfte (56 Prozent) können sich das immerhin bei zwei der drei hier abgefragten Rechten vorstellen. Die Ostdeutschen sind etwas stärker auf ihre Rechte bedacht als die Westdeutschen, ein knappes Drittel möchte keines ihrer Rechte im Fall eines Terrorverdachtes missen.
Privatsphäre am Telefon am ehesten verzichtbar
Am ehesten könnten die Deutschen auf ihre Privatsphäre am Telefon verzichten (68 Prozent), wobei hier die Westdeutschen mit 70 Prozent großzügiger sind als die Ostdeutschen, die einen solchen staatlichen Eingriff "nur" zu 61 Prozent billigen würden.

Die Möglichkeit, jemanden auf der Straße anzuhalten und zu durchsuchen, ist immerhin für jeden zweiten Deutschen akzeptabel (51 Prozent).
43 Prozent: Haft ohne richterliche Anordnung
Die beliebig lange Haft ohne richterliche Anordnung findet bei 43 Prozent der Befragten Zustimmung, 50 Prozent würde dieses rechtsstaatliche Prinzip nicht ihren Sicherheitsbedürfnissen opfern, während 7 Prozent unentschlossen ist.
Ostdeutsche bei Inhaftierung weniger restriktiv
Obwohl die Ostdeutschen ihre bürgerlichen Rechte zögerlicher preisgeben als die Westdeutschen, sind sie jedoch, was die Zustimmung zum Freiheitsentzug angeht, nicht so restriktiv wie die Westdeutschen: Sie würden diese Form von Staatsgewalt mit 49 Prozent (Westdeutschland 42 Prozent) akzeptieren, wenn es um einen voraussichtlichen Terroranschlag geht.
Gruppenspezifische Unterschiede
Außer regionaler gibt es auch gruppenspezifische Unterschiede, was Sicherheitsbedürfnis versus Bürgerrechte angeht. Generell sind Frauen, Befragte mit geringerer Bildung und sich parteipolitisch als konservativ einschätzende Personen vergleichsweise mehr auf Sicherheit aus (oder anders ausgedrückt: Je geringer die Bildung oder je konservativer die Parteiorientierung, umso stärker die Zustimmung zu allen drei Items.)

[science.ORF.at/idw, 23.3.07]
->   International Social Survey Programme
Mehr zum Thema Sicherheit in science.ORF.at:
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->   Zwischen Sicherheitsvorsorge und Sicherheitswahn (5.10.05)
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01.01.2010