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Blaualgen: Drei Proteine lassen biologische Uhr ticken  
  Nur drei Proteine bilden die wesentlichen Bausteine der inneren Uhr einer Blaualge. Platziert man sie - gemeinsam mit Adenosintriphosphat, einem Molekül, das biologische Reaktionen antreibt - in einer Teströhre, erzeugen sie einen konstanten 24-Stunden-Rhythmus.  
Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat untersucht, wie diese relativ simple Anordnung den regelmäßigen Zyklus aufbaut und aufrecht hält.
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Über die Ergebnisse der Untersuchung berichten Carl Johnson und sein Team von der Vanderbilt University in der aktuellen Ausgabe der "Public Library of Science Biology".
->   "Public Library of Science"
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Taktgeber des Lebens
Wenn die innere Uhr außer Takt gerät, kann das weitreichende Folgen haben: Jetlag, bestimmte Formen der Depression, Schlafstörungen oder eine mögliche Erhöhung des Krebsrisikos sind nur einige davon. Biologische Uhren sind die mikroskopischen Schrittmacher des Lebens. Sie steuern und organisieren das komplexe Zusammenspiel von biochemischen Prozessen, bei einfachen Meeresalgen genauso wie bei Menschen.

Schon 2005 ist es japanischen Wissenschaftlern gelungen, den biologischen Taktgeber einer Blaualge auf Basis von drei Proteinen künstlich zu erzeugen. Bis dahin war man davon ausgegangen, dass das System bei weitem komplizierter wäre. Eine Gruppe von Biophysikern und Biomathematikern hat nun versucht, die dahinter liegenden Mechanismen zu ergründen.
"Biologisches" Uhrwerk
Die drei essentiellen Teile der Uhr bilden die Proteine mit der Bezeichnung KaiA, KaiB und KaiC. Letzteres, bestehend aus sechs identischen Komponenten, bildet das größte Zahnrad der biologischen Uhr. Der tägliche Zyklus wird durch den regelmäßigen Anstieg und Abfall der Anzahl von Phosphatgruppen, die an die KaiC Moleküle binden, abgebildet.

Diese so genannte Phosphorylierung steuert die Interaktion mit anderen Proteinen. Dadurch kann die "Biouhr" unterschiedliche zelluläre Prozesse ein- oder ausschalten.

Wenn KaiA an KaiC bindet, steigt die Phosphorylierungsrate, indem es entweder die Anbindung von Phosphatgruppen erleichtert oder ihre Abspaltung erschwert. KaiB bindet erst bei einer hohen Phosphorylierungsrate an KaiC. Dann aber wirkt es dem Einfluss von KaiA entgegen. Die Moleküle greifen so - ähnlich den Zahnrädern eines Uhrwerks - ineinander.
Kein geradliniger Verlauf
Zu Beginn gingen die amerikanischen Forscher von einem relativ geradlinigen Prozess aus, bei welchem die Phosphorylierung über zwölf Stunden graduell ansteigt und dann wieder abfällt. Der Versuch, die KaiAC- und KaiABC-Komplexe zu isolieren, scheiterte allerdings.

Die Untersuchung mit einem Transmissionselektronenmikroskop zeigte die Ursache: Es gibt keine klaren Übergänge von einem Komplex zum nächsten, sondern Mischungen aller Komplexe zu jedem Zeitpunkt, aber in verschiedenen Verhältnissen. Folglich teilten die Forscher den 24-Stunden-Rhythmus in sieben gleiche Phasen.
Durch Synchronisierung bleibt der Zyklus aufrecht
Außerdem ergab die Analyse, dass sich neben den drei Proteinen auch große Mengen von drei kleineren Molekülen, so genannte Monomere, in der Teströhre befanden, die selbst Bestandteile der drei Proteine sind. Offensichtlich schließen sich die drei Teile nicht nur zusammen und spalten sich dann wieder, sondern KaiC zerfällt auch in Monomere, um sich folglich neu zusammen zu schließen.

Um den Rhythmus nicht zu verlieren und den Zyklus aufrecht zu erhalten, müssen sich die Proteine bezüglich ihrer jeweiligen Phosphorylierungsraten synchronisieren. Ein biomathematisches Modell legt nahe, dass dies über den Austausch der abgespaltenen Bestandteile geschieht.

Natürlich, so die Wissenschafter rund um Carl Johnson, seien die biorhythmischen Systeme von lebenden Zellen substantiell komplexer als diese Anordnung in der Teströhre. Im wirklichen Leben steuern zusätzliche Ebenen der Regulierung die Synthese der Proteine und beeinflussen so ihre Arbeitsweise.

[science.ORF.at, 27.3.07]
->   Adenosintriphosphat (Wikipedia)
->   Phosphorylierung (Wikipedia)
->   Monomer
->   Carl Johnson Laboratory
->   Vanderbilt University
->   Die molekularen Rädchen der inneren Uhr (20.06.05)
->   Wie die innere Uhr mit dem Körper spricht (28.5.02)
->   Das Geheimnis der inneren Uhr (22.12.2001)
 
 
 
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01.01.2010