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Wiener Genetiker: Fliegen-Sex sehr einfach gestrickt  
  Das Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien entwickelt sich immer mehr zum Mekka der Erforschung des Paarungsverhaltens von Fruchtfliegen. Vor zwei Jahren wurde bewiesen, dass ein einziges Gen über die sexuelle Orientierung bei diesem wichtigen Modellorganismus der Biologie entscheidet.  
Jetzt haben IMP-Forscher herausgefunden, dass auch andere Teile ihres Sex-Verhaltens ziemlich einfach kontrolliert werden.

Die Reizung nur eines Rezeptor-Neuron-Typs durch einen Duftstoff (Pheromon) reicht aus, um bei Männchen wie bei Weibchen Reaktionen zu erzeugen. Diese fallen allerdings durchaus unterschiedlich aus, berichten Amina Kurtovic, Alexandre Widmer und Barry Dickson vom IMP.
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Die Studie "A single class of olfactory neurons mediates behavioural responses to a Drosophila sex pheromone" ist in "Nature" (Bd. 446, S. 542; Ausgabe vom 29.3.07) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Untersuchung der Riechnerven
Für Aufsehen sorgte 2005 eine IMP-Studie, wonach das so genannte "fruitless"-Gen in seinen männlichen bzw. weiblichen Varianten in den Fliegen (Drosophila melanogaster),bestimmt, ob sie beim Sex männlich oder weiblich orientiert sind.

Doch es gibt auch äußere Reize, die für das Verhalten entscheidend sind. Dies sind bei Insekten wie bei anderen Tieren Pheromone, also bestimmte Riech-Botenstoffe.

Während die Drosophilas bei sonst in ihrer Umwelt vorkommenden Gerüchen vom Input einer ganzen Reihe von olfaktorischen Zellen profitieren, ist das bei dem Sex-Pheromon cVA (11-cis-vaccenyl-acetat) ganz anders.

Hier reicht offenbar die Aktivierung einer einzigen Klasse von Riech-Rezeptor-Neuronen (Or67d) aus, um zu Verhaltensänderungen zu führen.
Fehlender Rezeptor ändert Sexualverhalten
Widmer: "Amina Kurtovic hat bei weiblichen und männlichen Drosophila-Fliegen Or67d ausgeschaltet." Diese Knock-out-Fliegen ohne den Rezeptor änderten ihr Sex-Verhalten.

Der Wissenschaftler: "Die männlichen Drosophilas begannen zwei- bis dreimal häufiger um die Gunst von gleichgeschlechtlichen Partnern zu werben. Auf der anderen Seite reagierten die weiblichen Fliegen ohne den Rezeptor abweisend gegenüber Männchen."
Verschiedene Reaktionen der Geschlechter
Der Geruch des Pheromons wirkt also auf Weibchen anregend, auf Männchen hingegen dämpfend. Das liegt offenbar daran, dass die Männchen diesen Duftstoff mit ihrem Ejakulat absondern.

Nimmt das Weibchen den Geruch dadurch an, erkennt ein weiterer "Drosophilus" daran, dass er bei dem Weibchen keine Chance mehr auf gemeinsame Nachkommen und somit die Weitergabe seiner Gene hat.
Motten-Test untermauert Resultate
Um diese Beobachtung zu untermauern, züchteten die Wissenschaftler vom IMP Drosophilas beiderlei Geschlechts mit dem Pheromon-Rezeptor von Motten, einer Insektenspezies, die in der Evolutionsgeschichte 300 Millionen Jahre von den Fruchtfliegen "entfernt" ist. Damals trennten sich die entwicklungsgeschichtlichen Wege der beiden Arten.

Das Fazit: Die Drosophilas reagierten auf die entsprechenden Lockstoffe von Motten wieder genau so, wie sie das natürlicherweise samt ihrem ureigenen Rezeptor auf das Drosophila-Pheromon tun: Männchen mit dem Motten-Rezeptor ließen sich von dem Geruch in ihrer sexuellen Aktivität bremsen, so als ob sie es mit einem Fliegenmännchen zu tun hätten.

[science.ORF.at/APA, 28.3.07]
->   Institut für Molekulare Pathologie
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->   Fliegen-Genetik: Sex und Aggression sehr ähnlich (20.11.06)
->   Ein Gen kontrolliert Sex-Verhalten von Fliegen (2.6.05)
 
 
 
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01.01.2010