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Genetische Wachstumsbremse bestimmt Hundegröße  
  Zwergspitz, Dackel oder Deutsche Dogge: Den "besten Freund des Menschen" gibt es in höchst unterschiedlichen Größen. Entscheidend dafür ist ein recht einfacher Mechanismus, wie ein internationales Team von Biologen nun bestätigt hat: Eine genetische Wachstumsbremse lässt die Kleinen klein bleiben.  
Was den Wuchs des Hundes (Canis familiaris) genetisch bestimmt, hat ein Team um Nathan B. Sutter vom amerikanischen National Human Genome Research Institute (NHGRI) bereits im vergangenen Herbst auf einer Fachtagung berichtet.

Nun haben sie die Resultate ihrer Erbgut-Analyse von insgesamt 3.221 Zuchthunden 143 verschiedener Rassen publiziert.
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Die Studie "A Single IGF1 Allele Is a Major Determinant of Small Size in Dogs" ist in "Science" (Bd. 316, S. 112; 6.4.07) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Von Wolfs-Vorfahren weit entfernt
 
Bild: Deanne Fitzmaurice

Laut dem Guiness Book of Records ist Gibson, eine Deutsche Dogge, der größte Hund der Welt: vom Boden bis zu seinen Schultern misst er rund 107 Zentimeter, steht er auf seinen Hinterbeinen sind es 2,2 Meter.

Sein Freund, der Chihuahua Zoie kommt auf vergleichsweise bescheidene 22 Zentimeter. Die beiden verstehen sich dennoch prächtig, wie das Bild oben zumindest andeutet.

Entwicklungsgeschichtlich sind die beiden Rassen noch gar nicht so lange voneinander getrennt. Alle Hunde stammen von den Wölfen ab, die rund 400.000 Jahre gemeinsam mit den Menschen gelebt haben. Vor rund 15.000 Jahren wurden sie dann als eine der ersten Tierarten überhaupt domestiziert.
Stärkste Größenunterschiede der Säugetiere
Bild: Kenneth Sutter
Ein weiteres Anschaungsbeispiel:
Irischer Wolfshund vs. Border Terrier
Da die Wölfe noch annähernd gleich groß waren, lassen sich die Größenunterschiede der heutigen Hunde nur durch Züchtung erklären.

Kleinwüchsige Rassen halfen den Menschen in der Vergangenheit bei anderen Dingen als ihre großen Artgenossen, weshalb unterschiedliche Größen und andere Merkmale gezielt gezüchtet wurden.

Wie diese sehr sichtbaren Unterschiede auf genetischer Ebene zu erklären, hat die Forscherzunft schon lange beschäftigt. Da Hunde im Reich der Säugetiere die stärksten Größenunterschiede überhaupt haben, sind sie für derlei Fragen auch die idealen Studienobjekte.
Entzifferung des Hunde-Genoms
Ein Meilenstein für die Forschung war die Entzifferung des Hunde-Erbguts, die im Dezember 2005 von einem Konsortium um Sutter veröffentlicht wurde: Mit rund 20.000 Genen haben die Vierbeiner etwas weniger als ihre Frauchen und Herrchen.

Aufbauend auf diesen Grundlagen haben die Forscher dann zuerst anhand des Portugiesischen Wasserhunds begonnen, die Größenunterschiede zwischen den einzelnen Rassen zu untersuchen.
Mutation neben Wachstums-Gen
Ein schon von anderen Tierarten und auch vom Menschen bekanntes Gen namens IGF1 (Insulin Like Growth Factor 1) spielt demzufolge eine entscheidende Rolle. Dieses Gen besitzen zwar alle Hunde, aber in verschiedenen Versionen.

Eine Gen-Mutation neben dem IGF1-Gen bremst das Wachstum kleiner Hunderassen wie dem Pekinesen oder dem Schoßhündchen Chihuahua.

Große Arten wie der Irische Wolfshund und der Bernhardiner haben das IGF1-Gen in ihrem Genom, nicht aber die benachbarte DNA-Sequenz, die die IGF1-Aktivität einschränkt.
Auch andere Einflussfaktoren möglich
"Alle Hunde unter zehn Kilogramm haben die (Brems-)Sequenz", erläuterte der Biologe Gordon Lark, ein Ko-Autor der Studie von der Universität von Utah.

Zu denken gibt den Forschern allerdings, dass auch Rottweiler, eine große Hundeart, mit der Wachstumsbremse im Erbgut ausgestattet sind.

Das bedeute, dass möglicherweise noch andere Faktoren Einfluss auf die Größe haben. Fest stehe, dass alle Hunde von Wölfen abstammen, kleine Hunde gibt es laut Lark seit mindestens 12.000 Jahren.
Wichtig für Krebsforschung
Die Arbeit zu der Hundegröße könnte die Artgrenze überspringen und auch für Menschen Bedeutung haben, betont Elaine Ostrander, die gemeinsam mit Nathan B. Sutter bei der Studie federführend war und auch am NHGRI arbeitet.

Das Wissen um Gene, die für Zellwachstum verantwortlich sind, sei etwa in der Krebsforschung essenziell. Das IGF1-Gen und verwandte Wachstumsfaktoren stehen schon jetzt bei Brust- und Prostatakrebs im Verdacht, eine Schlüsselrolle zu spielen.

[science.ORF.at, 5.4.07]
->   IGF-1 - Wikipedia
->   Dog Genome Resources
->   National Human Genome Research Institute
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Mutation macht aus Hunderiesen Zwerge (16.10.06)
->   20.000 Gene: Erbgut des Hundes entziffert (8.12.05)
 
 
 
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01.01.2010