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Kampagnen können Fehlverhalten steigern  
  Egal, ob es um Rauchen, Trinken oder Rasen geht - Kampagnen gegen unerwünschtes Verhalten arbeiten meist mit sozialen Normen. Wenn man den "Sündern" zeigt, dass ihr Verhalten von jenem der Mehrheit abweicht, würden sie es von sich aus ändern, so die Annahme. Diese Strategie kann aber auch zum Bumerang werden, wie US-Psychologen nun nachgewiesen haben.  
Auf das Verhalten des Durchschnitts hinzuweisen, kann jene Bevölkerungsgruppen negativ beeinflussen, die weniger rauchen, trinken oder rasen. Denn auch sie verspüren den Druck, sich der Masse anzugleichen.

Indem man eine emotional verstärkende Botschaft beifügt, lasse sich dieser Bumerang-Effekt wieder ausgleichen, berichtet der Psychologe Wesley Schultz von der California State University.
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Die Studie "The Constructive, Deconstructive and Reconstructive Power of Social Norms" von Wesley Schultz und Kollegen ist in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift "Psychological Science" erschienen.
->   "Psychological Science"
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Information allein wirkt nicht
Noch in den 1990er Jahren setzte man zu Zwecken der Aufklärung in erster Linie auf Informationskampagnen, beginnen die Forscher ihren historischen Rückblick.

Wenn die Menschen nur genug wüssten über die Risiken beispielsweise des Rauchens, würden sie nicht mehr zum Glimmstängel greifen, lautete die gängige Annahme - die sich nicht bestätigte.
Verhalten wird zum Durchschnitt hin korrigiert
Als nächstes versuchte man es vermehrt mit der Verwendung soziale Normen: Psychologische und sozialwissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen dazu neigen, mit dem Strom zu schwimmen.

Wenn ihr Verhalten zu sehr vom Durchschnitt abweicht, korrigieren sie es meist, um wieder zur Mehrheit zu gehören.

Auf genau dieses Verhalten zielten die neue Kampagnen, jedoch oft nicht mit dem gewünschten Effekt.
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Beispiel Trinken
Die Forscher führen als Beispiel eine Kampagne gegen Trinkgelage an einer US-Universität an. Dabei wurde den Studierenden vermittelt, dass die Mehrheit nur wenig Alkohol an einem Abend konsumiert und sich keineswegs beim Kampftrinken engagiert. Das hätte aber auch einen negativen Aspekt gehabt, so Schultz: Auch den abstinenten Studierenden wurde vermittelt, dass ihr Verhalten nicht akzeptiert sei, weshalb sie vermehrt zu Alkohol griffen.
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Versuch: Energieverbrauch wurde gemessen
Die Psychologen wollten herausfinden, ob man den Bumerang-Effekt beheben könnte. Sie kontaktierten 290 kalifornische Haushalte, deren Energieverbrauch während mehrerer Wochen gemessen wurde. Daraus errechneten sie den Durchschnitt.

Die Hälfte der Haushalte bekam nur eine schriftliche Nachricht, ob ihr Verbrauch im, über oder unter dem Durchschnitt lag.

Der anderen Hälfte wurde auch noch mittels eines "Smiley" verdeutlicht, ob ihr Verhalten gesellschaftlich unterstützt oder kritisiert wird.
Bumerang-Effekt mit Smiley behoben
Die Auswertung des Energieverbrauchs nach Zusendung des Feedback zeigte: Die schriftliche Nachricht allein bewirkte bei den "Energiefressern", dass sie den Verbrauch drosselten, bei den "Sparmeistern" aber, dass sie danach mehr Energie konsumierten - um sich dem Durchschnitt anzupassen, wie die Forscher interpretieren.

Bei jener Hälfte, die die Nachricht in Kombination mit einem fröhlichen bzw. frustrierten Smiley bekamen, wurde der Bumerang-Effekt behoben: Wer vorher wenig Energie verbrauchte, tat das auch danach. Die emotionale Verstärkung konnte die unerwünschten Nebenwirkungen verhindern.

[science.ORF.at, 13.4.07]
->   Wesley Schultz, California State University, San Marcos
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01.01.2010