News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Schneekanonen trocknen die Alpen aus  
  Die Hiobsbotschaften für die alpinen Gebiete reißen nicht ab. Nicht genug, dass die Erderwärmung die Temperaturen steigen und die Gletscher dahinschmelzen lässt, droht die flächenmäßig laufend zunehmende künstliche Beschneiung, die Alpen effektiv auszutrocknen.  
"Ein Hauptproblem ist die starke Verdunstung, dieses Wasser geht verloren", sagte dazu Carmen de Jong von der Universite de Savoie (Frankreich) bei der noch bis Freitag in Wien stattfindenden Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU).
Dramatische Zahlen
Da Tourismus-Manager ständig behaupten, das Beschneien habe keinen Einfluss auf die Umwelt und seriöse wissenschaftliche Daten fehlen, habe man am Mountain-Institut der Uni Savoy einen Schwerpunkt zu diesem Thema gestartet.

Die Zahlen nehmen sich nach ersten Ergebnissen schon jetzt dramatisch aus. Derzeit werden knapp 24.000 Hektar in den europäischen Alpen künstlich beschneit, dazu werden 95 Millionen Kubikmeter Wasser und 600 Gigawatt pro Jahr an Strom eingesetzt. Die Kosten bezifferte die Wissenschaftlerin mit drei Milliarden Euro pro Jahr.
Ökologische und Ökonomische Grenzen
Nicht zuletzt um dem Klimawandel zu begegnen, soll die Fläche der künstlichen Beschneiungen laut Planungen in den kommenden Jahren vervierfacht werden, berichtete die Wissenschaftlerin. So erhofft man sich, dass während kalter Tage angehäufter Kunstschnee über die zunehmenden Wärmeperioden hinweghilft.

De Jong glaubt allerdings, dass die Sache schon bald auch an wirtschaftliche Grenzen stoßen wird. Wenn das Wasser knapp wird, müssen zusätzliche Reservoir-Becken gebaut oder das Wasser aufwändig aus immer tieferen Grundwasserschichten gepumpt werden. Schon jetzt gibt es Konflikte zwischen der Nutzung von Wasser für Trinkwasserzwecke und für die Beschneiung.
Bis zu 30 Prozent des Wassers verdunsten
Dass die Beschneiung keine Auswirkungen auf das Wasser-Budget der Alpen hat, wie etwa von Tourismus-Verantwortlichen behauptet, verweist de Jong ins Reich der Fabeln. Bereits bei der Beschneiung selbst verdunsten große Mengen an Wasser, nur ein Teil fällt als Schnee auf die Pisten.

Des Weiteren werden Reservoirs über den Winter mittels Pumpen künstlich Eis-frei gehalten, was ebenfalls große Mengen zusätzlich verdunsten lässt. Insgesamt gehen mehr als 30 Prozent des Wassers verloren, schätzt die Expertin.
Bisher konnten Eis-Reserven ausgleichen
"Das wird nicht nur den Wintertourismus treffen", betonte de Jong. Niedrigere Wasserstände in den Flüssen werden auch sommerliche Freizeitaktivitäten wie etwa Rafting empfindlich treffen.

Verschärft wird die Situation, da auch die Gletscher als Langfrist-Reservoirs für Wasser in den Bergen merkbar schrumpfen, sagte dazu Gletscherforscherin Astrid Lambrecht von der Universität Innsbruck. Bisher konnten die riesigen Eis-Reserven Hitze- und Trockenperioden bis zu einem gewissen Grad ausgleichen.

[science.ORF.at/APA, 17.4.07]
->   Universite de Savoie
->   European Geosciences Union
->   Mehr zum Stichwort Alpen im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010