News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Gesellschaft 
 
"Novara"-Weltumsegelung startete vor 150 Jahren  
  Österreich war Mitte des 19. Jahrhunderts, zur Zeit der größten Machtentfaltung Europas auf anderen Kontinenten, ein Land ohne Kolonien. Wie sollte sich die Monarchie da als Großmacht präsentieren? Ganz einfach: Man startet ein Prestigeprojekt und schickt es um die Welt.  
Vor 150 Jahren, am 30. April 1857, startete die erste wissenschaftliche Mission der österreichischen Kriegsmarine. An diesem Tag stach die österreichische Fregatte S.M. Novara von Triest aus in See - mit dem Ziel einer Weltumsegelung.
Wissenschaft und Handel
In 551 Tagen legte das Schiff fast 52.000 Seemeilen zurück und umrundete über die Stationen Südamerika, Afrika, Indien, China und Australien den Erdball.

Die vom damaligen Marine-Oberkommandanten Erzherzog Ferdinand Maximilian beauftragte Expedition verfolgte nicht nur wissenschaftliche Ziele, sie sollte auch zur Knüpfung von Handelskontakten dienen.
Zuvor ein k.u.k.-Kriegsschiff
Erzherzog Ferdinand Maximilian, der Bruder Kaiser Franz Josephs und spätere Kaiser von Mexiko, beauftragte 1856 den damaligen Linienschiffskapitän Bernhard Freiherr von Wüllerstorf-Urbair mit der konkreten Planung der Weltumsegelung und übertrug ihm auch das Kommando.

Maximilian wollte eigentlich selbst daran teilnehmen, wurde aber durch Krankheit daran gehindert. Das 50 Meter lange Schiff war zuvor als k.u.k.-Kriegsschiff im Einsatz. Die Besatzung für das Unternehmen bestand aus 345 Männern und sieben Wissenschaftlern.

Wissenschaftlich vorbereitet wurde die Expedition mit Gesamtkosten von 585.000 Gulden von der Akademie der Wissenschaften und von Fachgelehrten unter der Leitung des Geologen Ferdinand von Hochstetter und des Zoologen Georg von Frauenfeld.
Neueste Technologien an Bord
Die "Novara" war dabei nicht einfach ein Expeditionsschiff, sondern eine Forschungs- und Testplattform zur Erprobung neuester Technologien. So wurde ein neuartiges Schleppnetz zur Untersuchung des Meeresbodens und eine neue Destilliermaschine zur Trinkwasser-Aufbereitung eingesetzt.

Zukunftsweisend waren auch neueste Entwicklungen zur Verbesserung der hygienischen Bedingungen an Bord: Es gab modernste Konservennahrung, spezielle Duschapparate, Email-Gesundheitsgeschirr sowie eine statistische Erfassung aller unter der Mannschaft auftretenden Krankheiten.

Das hatte zur Folge, dass während der Weltumsegelung nur 15 Menschen an Bord starben, ein für damalige Verhältnisse extrem niedriger Wert.
...
Symposion in Wien
Die Bedeutung der vor 150 Jahren gestarteten Weltumsegelung für Zoologie, Völkerkunde, Anthropologie, Medizin und Wissenschaftsgeschichte beleuchtet ein Symposion am Naturhistorischen Museum Wien (NHM) am 30. April.
->   Mehr über die Veranstaltung (NHM)
...
Kartierungen, Ozeanographie und neue Arten
Auf dem Weg um den Erdball wurden umfassende Untersuchungen durchgeführt, insbesondere auf St. Paul, den Nikobaren und in Neuseeland, wo Hochstetter später die erste geologische Kartierung vornahm - was dem entlegenen Inselstaat übrigens einige österreichische Namen bescherte, etwa den "Franz-Josef-Gletscher".

Die meereskundlichen Forschungen besonders im südlichen Pazifik erhoben die Ozeanographie zu einer eigenen Wissenschaft, zahlreiche erdmagnetische Messungen vermehrten die wissenschaftlichen Kenntnisse wesentlich.

Über 200 neue Tier- und Pflanzen-Arten wurden entdeckt, insgesamt brachte die Expedition 1859 mehr als 26.000 botanische und zoologische Präparate sowie völkerkundliches Material für die österreichischen Museen mit nach Hause. Die Mitnahme von Blättern des Coca-Strauchs ermöglichte erste wissenschaftliche Analysen und in Folge 1860 die erstmalige Identifizierung von Kokain.
Bestseller der Akademie der Wissenschaften
Die Resultate der Expedition wurden in dem 21-bändigen Werk der Akademie der Wissenschaften "Reise der österreichischen Fregatte Novara um die Erde" und in einer dreibändigen populären Ausgabe unter dem gleichen Titel veröffentlicht.

Diese reich bebilderte Populärversion wurde zum Bestseller, innerhalb eines Jahres wurden 5.000 Stück verkauft. Sie war damit nach Alexander von Humboldts "Kosmos" das meistverkaufte derartige Werk im deutschen Sprachraum.

[science.ORF.at/APA, 27.4.07]
->   Die Route der Novara (Kunsthistorisches Museum)
->   Novara-Expedition.org
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010