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Essen: Freund oder Feind des Körpers?  
  Ohne Nahrung gibt es kein Leben. Dass aber auch Essen für unsere Körper grundsätzlich einen Fremdkörper darstellt, wird dabei leicht übersehen. So muss unser Immunsystem quasi bei jeder Mahlzeit davon abgehalten werden, einen Kampf gegen die zugeführte Nahrung zu beginnen.  
Forscher um Kathryn E. Wellen von der Harvard School of Public Health in Boston haben nun vermutlich das verantwortliche Protein gefunden, das wie ein "Schleusentor" die notwendigen Nährstoffe durchlässt, aber eine entzündliche Immunantwort verhindert.
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Die Studie "Coordinated Regulation of Nutrient and Inflammatory Responses by STAMP2 Is Essential for Metabolic Homeostasis" ist in der aktuellen Ausgabe von "Cell" (Bd. 129, S. 537; doi: 10.1016/j.cell.2007.02.049) erschienen.
->   Artikel (sobald online)
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Balance zwischen Gesundheit und Überschuss
Einzelne Zellen und ganze Organismen müssen ständig die Balance zwischen der benötigten Menge an Nährstoffen und einem potenziellen Überschuss halten: Einerseits braucht jedes Lebewesen ausreichend Nahrung, um zu überleben und gesund zu bleiben.

Andererseits kann eine chronische Überernährung zu Übergewicht und Störungen des Stoffwechsels, wie etwa Diabetes vom Typ2, einer Fettleber oder kardiovaskulären Erkrankungen führen - genau jene chronischen Leiden, die heute zu den häufigsten Gesundheitsrisiken zählen.
Entzündungen führen zu Stoffwechselerkrankungen
Dass all diesen metabolischen Krankheiten entzündliche Prozesse zugrunde liegen, ist seit einiger Zeit bekannt. Da theoretisch sämtliche Nährstoffe potenzielle Auslöser derartiger Vorgänge sein könnten, machte sich das Team rund um Kathryn E. Wellen auf die Suche nach einem regulativen Mechanismus, der diesen entgegen wirkt. Schließlich führt nicht jegliches Essen automatisch zu Folgekrankheiten.

Dabei entdeckten sie, dass Mäuse, welchen ein bestimmtes in Fettzellen angereichertes Protein mit dem Namen "STAMP2" fehlt, akute Entzündungen im Körperfett, das die Eingeweide umgibt, entwickelten und außerdem Symptome des metabolischen Syndroms zeigten. Dieses umfasst mehrere Kriterien wie etwa Übergewicht, Insulinresistenz oder Bluthochdruck, welche die wesentlichen Risikofaktoren für Herzkrankheiten bilden.
->   Metabolisches Syndrom (Wikipedia)
"Schleusenprotein" verhindert Immunantwort
Laut den Forschern scheint STAMP2 eine entscheidende Rolle zu spielen, auch unter wechselnden Nährstoffbedingungen eine entzündliche Immunantwort zu verhindern. Mäuse mit STAMP2-Mangel zeigten sogar bei "normaler" Ernährung Störungen des Stoffwechsels.

Das "Schleusenprotein" verhindert, dass der Schalter gedrückt wird, der eine Immunantwort startet, so Gökhan Hotamisligil von der Harvard School of Public Health.
Überforderung durch Überversorgung
Dennoch funktioniert der regulative Mechanismus scheinbar nicht unbegrenzt: Möglicherweise führt eine ständige Überversorgung dazu, dass das Protein überfordert ist und quasi aufgibt, vermuten die Wissenschaftler. So könnten dann jene chronische Entzündungen entstehen, die in der Folge zu den lebensbedrohlichen Stoffwechselerkrankungen führen.

Menschen sind offensichtlich nicht dazu gemacht, mit einem konstanten Bombardement von Nährstoffen bei gleichzeitiger körperlicher Untätigkeit umzugehen.

Könnte man das Protein STAMP2 in irgendeiner Form stärken oder seine Unterdrückung stoppen, würde der Körper wieder die Kontrolle über die Entstehung von Entzündungen erlangen, hoffen die Forscher. Da die Entwicklung derartiger Behandlungen vermutlich noch eine Weile dauern wird, müssen wir die Verantwortung über eine angemessene Zufuhr von Nahrungsmitteln wohl solange selbst tragen.

[science.ORF.at, 4.5.07]
->   Gökhan Hotamisligil
->   Harvard School of Public Health
->   University of Oslo
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Fettleibigkeit als ansteckende Krankheit?(30.1.06)
->   WHO: Chronische Krankheiten Haupt-Todesursache (21.7.03)
->   Erkrankungsrisiko: Fettverteilung im Körper relevant (31.3.03)
 
 
 
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01.01.2010