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Uni-Zugang: "Tor für politische Lösung aufgestoßen"  
  Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) sieht das "Tor für eine politische Lösung" in Sachen Uni-Zugang "aufgestoßen". Die "Gefährdung des Gesundheitssystems" bei einer Freigabe des Zugangs sei "eindeutig".  
Das sagte Hahn nach dem Ministerrat am Mittwoch vor Journalisten. Im Fall des Falles hätte Österreich damit auch vor dem Europäischen Gerichtshof "gute Karten".

Der Antwortbrief Österreichs auf das Mahnschreiben der EU-Kommission umfasse 50 Seiten, dazu kommen ebenso viele Seiten an Grafiken und fünf Studien mit insgesamt 500 Seiten. Darin wird vor allem auf Grund eines Mangels an inländischen Medizin-Absolventen mit der Gefährdung des österreichischen Gesundheitssystems argumentiert.
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Vorgeschichte
Nachdem der Europäische Gerichtshof 2005 die bis dahin geltende Uni-Zugangsregelung für ausländische Studenten aufgehoben hatte, kam es zu einem Ansturm deutscher Studenten an den drei österreichischen Medizin-Universitäten. Als Reaktion darauf beschloss die Regierung eine neue Zugangsregelung mit einer an die Staatsbürgerschaft gekoppelten Quote für das Medizin-Studium, wogegen die EU-Kommission ein Verfahren eingeleitet hat.
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Studie: Nur noch 350 bis 400 Absolventen pro Jahr
Bei einer völligen Öffnung prognostizieren die Studien - unter anderem von der Wiener Ärztekammer, der Wirtschaftsuniversität Wien und des Österreichischen Instituts für Gesundheitswesen (ÖBIG) - laut Hahn jährlich nur 350 bis 400 Absolventen aus Österreich bei einem Mediziner-Bedarf von 1.000 bis 1.500 neuen Ärzten pro Jahr.
Viele ausländische Studierende gehen zurück
Diese Zahl sei durch empirische Untersuchungen über das Mobilitätsverhalten Südtiroler Studenten in Österreich, schwedischer Studenten in Dänemark und französischer Studenten in Belgien sowie Motivforschung unter deutschen Studenten in Österreich belegt, so Hahn.

Demnach gehen bei den genannten ausländischen Beispielen 70 bis 90 Prozent der Studenten, die auf Grund knapper Studienplätze im Inland in einem anderen Staat studierten, nach Ende ihrer Ausbildung wieder in die Heimat zurück.
Argumentation von Motivforschungsstudie gestützt
Dies decke sich mit den Ergebnissen der Motivforschungsstudie unter rund 1.000 Studenten in Österreich, meinte Hahn: Dort hätten 81 Prozent der Deutschen ihre berufliche Zukunft nicht in Österreich gesehen. Befragt wurden dafür Studenten aus Deutschland und Österreich, je zur Hälfte Erstsemestrige und Höhersemestrige.
Keine Veröffentlichung
Die neue Argumentationslinie Österreichs gegenüber dem früheren Verfahren vor dem EuGH begründete Hahn damit, dass viele Daten erst jetzt verfügbar geworden seien. Dies betreffe vor allem das Mobilitätsverhalten.

Offiziell veröffentlichen will Österreich die Studien und das Antwortschreiben vorerst nicht, hieß es aus dem Ministerium auf APA-Anfrage. Diese seien noch nicht an Brüssel abgeschickt.
Verfahrenstechnische Argumente
Für den Fall der Nicht-Akzeptanz des Antwortschreibens hat Österreich verfahrenstechnische Argumente im Talon. Laut Hahn ist das angestrebte Verfahren nach Paragraf 228 des EU-Vertrags nicht berechtigt - wenn schon ein Verfahren eingeleitet werde, dann eines nach Paragraf 226.

Der Unterschied: Die Paragraf 228-Verfahren sehen bei einer Verurteilung direkte Pönalzahlungen eines Mitgliedstaats vor.
Reaktionen der anderen Parteien
Die SPÖ ist mit der österreichischen Stellungnahme zufrieden. Diese sei im Gegensatz zum ersten EU-Verfahren, das zur Aufhebung der alten Zugangsregelung geführt hat, "sehr ordentlich vorbereitet" worden, so Wissenschaftssprecher Josef Broukal in einer Aussendung.

Der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald rät Hahn, "dringlichst Ersatzvorschläge vorzubereiten". Es wäre "unverantwortlich", auf eine einzige Argumentationsschiene zu setzen und "im Falle einer erneuten Ablehnung mit leeren Händen dazustehen".

BZÖ-Wissenschaftssprecher Gernot Darmann hoffte in einer Aussendung, dass Hahn "die österreichische Situation und unsere Bedenken glaubhaft vermitteln" konnte.

[science.ORF.at/APA, 23.5.07]
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01.01.2010