News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Babys erkennen Fremdsprache an Mimik des Sprechers  
  Im Alter von vier bis sechs Monaten können Babys an der Mimik eines Sprechers ablesen, ob er in ihrer Muttersprache oder in einer Fremdsprache redet. Bei Kindern, die einsprachig aufwachsen, geht diese Fähigkeit aber mit etwa acht Monaten wieder verloren.  
Zweisprachig aufwachsende Kinder hingegen könnten Sprachen länger allein durch das Sehen auseinander halten, berichtet ein internationales Forscherteam.
...
Die Studie "Visual Language Discrimination in Infancy" von Whitney Weikum von der University of British Columbia (Kanada) und Kollegen ist am 25. Mai 2007 in "Science" erschienen (Bd. 316, S. 1159, DOI:10.1126/science.1137686).
->   Abstract der Studie
...
Gesichtsausdruck wichtiger Reiz für Babys
Der Gesichtsausdruck des Sprechers gehört zu den dynamischsten und hervorstechendsten Reizen, die Babys beim Erlernen einer Sprache wahrnehmen.

Ob diese Reize allerdings ausreichen, um verschiedene Sprachen voneinander zu unterscheiden, war bisher unklar.
Babys sahen tonlose Sprecher
 
Bild: Science

Whitney Weikum von der University of British Columbia (Vancouver/Kanada) und ihre Mitarbeiter spielten Babys im Alter von vier, sechs und acht Monaten Videos vor, auf denen ein Sprecher einen Satz auf Englisch oder Französisch sagte - allerdings ohne Ton.

Nach einer gewissen Zeit zeigten sie den Babys dann ein weiteres stummes Video, entweder in der gleichen oder aber in der jeweils anderen Sprache.

Genau beobachtet wurde, wie lange und intensiv die Kinder den Sprecher beobachteten - oder ob sie sich nach kurzer Zeit, wie am Bild oben, wegdrehten.
->   Video: Tonloses Französisch
->   Video: Tonloses Englisch
Babys mit vier und sechs Monaten nahmen Wechsel wahr
Es zeigte sich, dass nur die vier und sechs Monate alten Babys einen Wechsel der Sprache wahrnahmen.

Dies äußerte sich darin, dass sie dem Sprecher im zweiten Video mehr Aufmerksamkeit widmeten, wenn er in einer anderen Sprache redete. Achtmonatige Babys bemerkten den Wechsel hingegen nicht mehr.
Einengung der Wahrnehmung im ersten Lebensjahr
Dass diese Fähigkeit zur Unterscheidung verloren geht, sehen die Forscher im Einklang mit einer generellen Einengung der Wahrnehmung, die Babys im ersten Lebensjahr erleben.

So ist schon aus früheren Studien bekannt, dass die Kleinsten über die Möglichkeit verfügen, zwischen Vokalen und Konsonanten der Muttersprache und jenen fremder Sprachen zu unterscheiden, während sie das später nicht mehr können.
Nur Benötigtes wird erhalten
Dass auch die Fähigkeit, Sprachen ohne Ton nur anhand des Gesichtsausdrucks unterscheiden zu können, verloren geht, begründen die Forscher um Whitney Weikum pragmatisch: Die Babys sehen und hören im Alltag nur eine Sprache, daher benötigten sie die Fähigkeit einfach nicht mehr.
Zweisprachige Kinder erhalten sich Fähigkeit länger
Um diese These zu überprüfen, bezogen sie auch Kinder, die zweisprachig aufwuchsen, in ihre Studie ein.

Es zeigte sich tatsächlich, dass diese Gruppe die Fähigkeit, Sprachen tonlos zu unterscheiden, länger behielt und auch acht Monate alte Babys dazu noch imstande waren.

Die Schlussfolgerung der Forscher: Für diese Kinder sei das Trennen und Erlernen verschiedener Sprachen weiterhin wichtig, daher bleibe die Fähigkeit länger erhalten.

[science.ORF.at/APA/dpa, 25.5.07]
->   Infant Studies Centre (University of British Columbia)
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Babys behalten schon mit drei Monaten ganze Sätze (ORF.at, 5.9.06)
->   Gehirnnachweis: Schon Babys können "rechnen" (8.8.06)
->   Schon Kleinkinder können addieren und subtrahieren (13.9.05)
->   Babys erkennen vorsätzlich falsches Verhalten (8.4.05)
->   Studie zum Zweitspracherwerb: Je früher desto besser (5.11.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010