News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Adolf Eichmanns gefälschter Pass aufgetaucht  
  In den Archiven des argentinischen Justizpalastes ist der gefälschte Reisepass des NS-Verbrechers Adolf Eichmann gefunden worden. Er wurde vom Roten Kreuz auf den Namen "Ricardo Klement" ausgestellt.  
Damit konnte Eichmann am 14. Juli 1950 problemlos in das südamerikanische Land einreisen. Das historische Dokument ist dem Holocaust-Museum in Buenos Aires zur Verwahrung übergeben worden, die Öffentlichkeit bekommt eine Kopie zu sehen.
Studentin löste Entdeckung aus
Wie die Direktorin des Museums, Graciela Nabel de Jinich, auf Anfrage der APA mitteilte, ist Eichmanns Reisepass mit falschem Namen Anfang Mai im Zuge einer simplen Anfrage einer Studentin entdeckt worden, die um Erlaubnis bat, Einsicht in die Akte zur Entführung Eichmanns im Jahre 1960 nehmen zu dürfen.

Die Richterin Maria Servini de Cubria entdeckte bei der Bearbeitung des Ansuchens schließlich das brisante Dokument und setzte sich unverzüglich mit dem Holocaust-Museum in Verbindung.
"Staatenloser Techniker"
 
Bild: EPA

Laut dem am 1. Juni 1950 in Genua ausgestellten Pass wurde "Ricardo Klement" am 23. Mai 1913 in Bozen geboren. In Wirklichkeit kam Adolf Eichmann aber am 19. März 1906 im deutschen Solingen auf die Welt, ehe die Familie 1914 nach Wien übersiedelte. Der Absatz zum Vater ist im Dokument leer geblieben, der Name der Mutter lautet auf "Anna Klement". Als Beruf ist "Techniker" angegeben, bei Nationalität steht "staatenlos". Unter "körperliche Merkmale" werden "kastanienbraune Haare" und "blaue Augen" angegeben.

Das Passfoto zeigt Eichmann mit runder Brille. Auf einer anderen Seite des Dokuments ist die vom argentinischen Konsulat in Genua erteilte Einreisegenehmigung zu finden. Eichmann benutzte den Pass nur zur Einreise nach Argentinien, bis zu seiner Entführung verließ er das Land nicht mehr.

Das Rote Kreuz, das den Ausweis ausgestellt hatte, war ein wichtiger Bestandteil bei der Implementierung der so genannten "Rattenlinien", durch die NS-Verbrecher der Verfolgung durch die Justiz entgehen konnten, indem sie vornehmlich in Länder Südamerikas oder der arabischen Welt gebracht wurden.
Entführung durch Mossad
Die Akte selbst war seinerzeit angelegt worden, nachdem die (offiziell geschiedene) Ehefrau des NS-Verbrechers, Veronika Catalina Liebel de Eichmann, Anzeige wegen mutmaßlicher Entführung von Ricardo Klement erstattet hatte. Zu diesem Zeitpunkt wusste man noch nicht, dass es der israelische Geheimdienst Mossad gewesen war, der Eichmann am 11. Mai 1960 gefasst hatte.

Die entscheidenden Informationen zur Aufspürung des damals bei Daimler Benz-Argentinien beschäftigten und in San Fernando bei Buenos Aires wohnhaften Massenmörders stammten vom "Nazi-Jäger" Simon Wiesenthal.

In der Folge wurde Eichmann nach Israel gebracht, wo ihm wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Ermordung von Millionen Juden im Dritten Reich der Prozess gemacht wurde, der mit dem Todesurteil gegen den Angeklagten endete. Am 1. Juni 1962 wurde er gehängt.

[science.ORF.at/dpa, 30.5.07]
->   Adolf Eichmann - Wikipedia
->   Adolf Eichmann - dhm.de
->   Rattenlinien - Wikipedia
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010