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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klima und Krieg: Forscher suchen nach Korrelationen  
  Hat der Klimawandel bereits eine Dimension erreicht, die sich mit politischer Instabilität in Verbindung setzen lässt? Dieser Frage geht der Politikwissenschaftler Marc Levy von der Columbia-Universität (New York) nach. Er arbeitet an einem Modell, mit dem sich vorher sagen lässt, bei welchen klimatischen Veränderungen es zu einem Aufflammen kriegerischer Auseinandersetzungen kommen könnte.  
Nicht nur Fachkollegen, auch der US-Geheimdienst CIA ist skeptisch, dass der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Krieg bereits robust genug ist - das könnte sich aber ändern, je drastischer die Auswirkungen von globaler Erwärmung werden.
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Ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Klimawandel und Krieg besteht, dieser Frage geht der "New Scientist" in seiner Ausgabe vom 2. Juni 2007 nach.
->   New Scientist
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Liste der Risikofaktoren erweitern
Jeden Monat veröffentlicht die "International Crisis Group" Vorhersagen, von denen sie selbst hofft, dass sie sich niemals bewahrheiten: Die Non-Profit-Organisation mit Sitz in Brüssel beobachtet Krisenherde auf der ganzen Welt, wo Konflikte gerade am Brodeln sind.

Faktoren wie politische Instabilität oder Korruption werden in Betracht gezogen, um die Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung - mit einem Nachbarstaat oder intern - möglichst realistisch einschätzen zu können.

Derzeit wird diskutiert, ob eine weitere Variable in die Liste der Risikofaktoren aufgenommen werden soll: der Klimawandel.
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Dafur: Erster Klimawandelkrieg?
Die Diskussion, ob der Klimawandel Kriege auslösen kann, wird schon länger geführt. Vor kurzem meldete sich in den USA eine Gruppe von hochrangigen Soldaten mit einem 63-seitigen Report zu Wort, in dem sie davor warnte, dass der Klimawandel als "Bedrohungs-Multiplikator" wirken könnte. Durch Dürre oder Überschwemmung könnten instabile Regierungen kippen. Großbritannien machte den Klimawandel bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats im April zu einem Hauptthema und Medien beschrieben den Konflikt in der sudanesischen Region Dafur als ersten "Klimawandelkrieg", weil ihm eine lange Dürrezeit voran gegangen war.
->   Protokoll der Sicherheitsrats-Sitzung zum Klimawandel
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Bürgerkrieg und Wasservorkommen
Über Spekulationen sind die Diskussionen aber bisher nicht hinausgekommen. Der Politikwissenschaftler Marc Levy möchte ihnen Hand und Fuß geben.

In Datenbanken kombiniert er beispielsweise Bürgerkriege mit Wasservorkommen und konnte zeigen, dass das Risiko, dass ein schwelender Konflikt im Jahr nach einer Trockenperiode aufbricht, doppelt so hoch ist.

Trockenheit gehe oft einher mit Hunger, was wiederum Ärger auf die Regierung auslösen kann, lautet eine Erklärung. Wie die Forscher um Levy herausfanden, greifen in solchen Situationen besonders häufig Gruppen, die bereits abgerüstet haben, wieder zu den Waffen.
Trockenheit gefährdet Elfenbeinküste
Momentan erweitert Levy, der auch bei der "International Crisis Group" mitarbeitet, seinen Datenpool mit Angaben über Niederschlagsmengen an allen rund 70 krisenhaften "Hot Spots" der Organisation.

Damit soll die Wahrscheinlichkeit von Kriegen berechnet werden, so Levy im "New Scientist". Ein erstes Ergebnis: Levy befürchtet das Aufbrechen alter Konflikte im Norden der Elfenbeinküste, wo nach einer Trockenperiode starke Spannungen entstanden sind.
CIA: Klimawandel nicht Hauptfaktor
Nicht alle sind von der Kombination aus Klimawandel und politischer Instabilität überzeugt: In den 1990er Jahren gab es eine Task Force des US-Geheimdienstes CIA, die Eigenschaften instabiler Regime zusammenführen sollte.

Auch sie analysierte den Impact des Klimawandels, kam aber zum Schluss, dass Dürreperioden zwar Spannungen erzeugen, es letztlich aber andere Faktoren sind, die Konflikte aufbrechen lassen.
Verschärfende Umstände beobachten
Auch am Internationalen Friedenforschungsinstitut in Oslo ist man von einer robusten Verbindung zwischen Klima und Krieg nicht überzeugt.

Trotzdem wird die Arbeit von Politikwissenschaftler Levy aber geschätzt: Auch wenn etwa eine Dürre oder Überschwemmung nicht der Hauptfaktor bei Konflikten sei, müssten sie Umstände, die zu einer Verschärfung beitragen können, beobachtet werden.

[science.ORF.at, 31.5.07]
->   Mehr über Marc Levy
->   The Earth Institute (Columbia University)
->   International Crisis Group
->   Mehr zum Thema Klimawandel im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010