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Studie: Kundenkritik löst Verteidigungshaltung aus  
  Die Arbeit bei einer Beschwerde-Hotline ist oft anstrengend: Aber auch die Kunden, die sich beschweren wollen, haben es nicht leicht. Warum, hat eine Salzburger Psychologin untersucht.  
"Kritik aktiviert eine Verteidigungshaltung", sagt Eva Jonas, Professorin am Fachbereich für Psychologie der Universität Salzburg.

Sie hat in einer Feldstudie untersucht, warum sich Kundendienstmitarbeiter mit Beschwerden erfahrungsgemäß so schwer tun.
Gefühl der Bedrohung
Ihre Erfahrung: "Je mehr Aufwand ein Unternehmen mit seinem Kundenbeschwerde-Management treibt, desto stärker wehren die Mitarbeiter erstaunlicherweise die Kritik ab", sagte Jonas:

Wenn ein Mitarbeiter sich mit seinem Unternehmen identifiziere, fühle er sich von einer Beschwerde angegriffen und bedroht.

"Sobald das Wort Beschwerde auftaucht, hören die Mitarbeiter gar nicht mehr richtig zu, Verbesserungsvorschläge werden nicht mehr aufgegriffen."
Der Ton macht die Musik
In den Studien haben die Versuchspersonen die Beschwerden als unangenehm erlebt. Anregungen oder Verbesserungsvorschläge der Kunden gingen fast unter, sobald das Wort "Beschwerde" auftauchte, beobachtete Jonas.

War der Kunde auch noch ungehalten oder unfreundlich, dann wurden seine Verbesserungsvorschläge noch seltener aufgegriffen.

Nach einem Perspektivenwechsel - die Versuchspersonen mussten sich in die Rolle der Kunden hineindenken - änderte sich die Situation: Die Test-Kundendienstmitarbeiter waren offener für die Anregungen der Käufer oder Anwender eines Produktes.
Wertvolle Anregungen gehen verloren
Unternehmen geben für Marktforschung sehr viel Geld aus. Dort, wo Informationen aber kostenlos von den Anwendern und Kunden geliefert werden, werde meist nicht hingehört, beobachtet die Psychologin. Dadurch gehe den Firmen viel Innovationspotenzial und Wissen verloren.

In den Seminaren für Kundendienstmitarbeiter sollte deshalb nicht so sehr auf Beschwichtigung oder Ablenkung gesetzt werden, sondern Neugier und Offenheit gegenüber Anregungen vermittelt werden, rät Jonas.
Sind neugierige Firmen auch innovativer?
Ziel sei es, mehr Aufgeschlossenheit für Kritik zu entwickeln. In einem zweiten Schritt will Jonas in einer Studie untersuchen, ob Firmen, die auf Kundenkritik mit Neugier und Offenheit reagieren, auch innovativer sind als andere.

[science.ORF.at/APA, 6.6.07]
->   Eva Jonas, Universität Salzburg
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Aufgesetztes Lächeln verärgert Kunden (22.3.06)
->   Studie zur Qualität der Arbeit in Callcentern (31.1.06)
 
 
 
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01.01.2010