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Scheidungskinder öfter mit Ritalin behandelt  
  Kinder aus geschiedenen Ehen nehmen auffällig häufig das "Zappelphillip-Medikament" Ritalin. Das Mittel wird zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eingesetzt.  
Eine kanadische Studie zeigt, dass Kinder geschiedener Eltern fast doppelt so häufig mit Ritalin behandelt werden wie der Nachwuchs von Paaren, die noch zusammen leben. Dies bedeutet den Forschern zufolge aber nicht, dass eine Scheidung einem Kind zwangsläufig schadet.
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"Prevalence of methylphenidate use among Canadian children following parental divorce" erschien im "Canadian Medical Association Journal" (Bd. 176, S. 1711; doi:10.1503/cmaj.061458).
->   Abstract
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Daten von 5.000 Kindern belegen Zusammenhang
Frühere Studien hatten gezeigt, dass Kinder von Alleinerziehenden eher Ritalin nehmen als Kinder, die mit beiden Eltern zusammen wohnen. Forscher der Universität von Alberta in Edmonton untersuchten nun die Daten von 5.000 Kindern, die anfangs mit beiden leiblichen Eltern zusammenwohnten und das Mittel nicht nahmen.

Über 13 Prozent der Elternpaare wurden zwischen den Jahren 1994 und 2000 geschieden. Am Ende der Studie nahmen 6,1 Prozent der Kinder aus geschiedenen Ehen Ritalin, im Vergleich zu 3,3 Prozent derjenigen Kinder, deren Eltern zusammen blieben.
Vielfältige Erklärungen möglich
Als Erklärung für das Resultat sind laut Studienleiterin Lisa Strohschein mehrere Erklärungen denkbar. Möglich ist einerseits, dass eine Scheidung ein Kind so stark belastet, dass es eher Verhaltensprobleme entwickelt. Denkbar ist aber auch, dass eine genetische Komponente von ADHS sowohl bei dem Kind als auch bei einem Elternteil vorhanden ist und zum Scheitern der Ehe beiträgt.

Schließlich ist auch nicht auszuschließen, dass Kinder geschiedener Eltern vorschnell als problematisch eingestuft und das Medikament eher verordnet bekommen. Dies würde auf einen ungerechtfertigten Einsatz des Mittels hinweisen, dessen Gebrauch auch in Kanada seit einigen Jahren sprunghaft angestiegen ist.

Strohschein betont in der Zeitschrift Eltern und Ärzte sollten wissen, dass Scheidungen nicht alle Kinder nachteilig beeinflussen. Vielmehr solle vor einer Diagnose von ADHS sorgfältig geprüft werden, unter welchen Umständen das Kind vor, während und nach der Scheidung gelebt habe.

[science.ORF.at/AP, 15.6.07]
->   Methylphenidat - Wikipedia
->   Methylphenidate (Ritalin) - NIH
 
 
 
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01.01.2010