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Analyse von Gehirnfunktionen auf Zellebene  
  Wie Gehirnareale für bestimmte Leistungen kooperieren, ist schon relativ bekannt. Forscher haben nun eine Methode entwickelt, die es erlaubt, auch die Funktion einzelner Nervenzellen zu analysieren.  
Sie wurde von einem deutsch-finnisch-britisch-österreichischem Forscherteam ausgearbeitet und am Sonntag veröffentlicht.

Im Mittelpunkt der bisherigen Forschungen standen Funktionen von Zellen des Kleinhirns.
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Die Studie " From synapse to behavior: rapid modulation of defined neuronal types with engineered GABAA receptors" ist als Online-Vorabpublikation in "Nature Neuroscience" erschienen (doi:10.1038/nn1927; 17.6.07).
->   Abstract der Studie
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Entwicklung von Gentech-Mäusen
Voraussetzung für die neue Methode ist die Entwicklung einer gentechnisch modifizierten Maus, die bereits vor einigen Jahren geglückt ist. Die Tiere weisen eine Punktmutation an einem bestimmten Rezeptor namens "GABA-A-Rezeptor" auf, der in den Kontaktstellen der Nervenzellen - den so genannten Synapsen - lokalisiert ist.

Durch diese Veränderung sind die Rezeptoren, die praktisch im ganzen Gehirn verteilt sind, gegen bestimmte Medikamente, wie beispielsweise "Zolpidem", unempfindlich.

Bei normalen Tieren wirkt das Medikament als Beruhigungsmittel, das auch die motorischen Leistungen vermindert.
Manipulation von Rezeptoren
Durch einen weiteren Trick gelingt es den Wissenschaftlern nun, in ganz bestimmten Hirnbereichen der modifizierten Mäuse die ursprüngliche Funktion von "GABA-A-Rezeptoren" - den so genannten Wildtyp - wieder herzustellen.

In diesem Bereich, und nur in diesem, wirkt dann auch "Zolpidem", Bei ihren bisherigen Arbeiten konzentrierten sich Werner Sieghart, Leiter der Abteilung für Biochemie und Molekularbiologie der Medizinischen Universität Wien (MUW), und seine Kollegen auf die Erforschung der Funktion der Purkinje-Zellen im Kleinhirn.
->   Purkinje-Zellen (Wikipedia)
Substanzen wirken sich auf Motorik aus
Die gentechnisch modifizierten Mäuse wurden dazu auf bestimmte Balance-Kunststücke hin trainiert. Erwartungsgemäß hatte "Zolpidem" keinen Einfluss auf die Leistungen.

Wurde aber in den Purkinje-Zellen des Kleinhirns die Rezeptoren für das Medikament aktiviert, so waren die Balance-Künste der Tiere unter "Zolpidem" merkbar verringert.
->   Zolpidem (Wikipedia)
Weitere Tests mit anderen Fähigkeiten
Nach der Bestätigung der Beteiligung der Purkinje-Zellen an der Motorik sollen weitere Tests etwa bezüglich ihrer Funktion bei Augenreflexe folgen. Auch die Lernfähigkeit der Tiere soll mit Hilfe der neuen Methode auf zellulärer Ebene genau unter die Lupe genommen werden.

"Die Methode ist vielseitig anwendbar und wird zu bedeutenden Aufschlüssen über die Funktion von Neuronen im Gehirn führen", ist Sieghart überzeugt.

[science.ORF.at/APA, 18.6.07]
->   Medizinische Universität Wien
 
 
 
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01.01.2010