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Doping bereits bei Elfjährigen  
  Im Sport gibt es ein massives Dopingproblem, das beweisen nicht zuletzt die jüngsten Skandale um deutsche Radfahrer und österreichische Biathleten. Französische Forscher zeigen nun, dass das Problem nicht auf den Berufssport beschränkt ist: Mehr als ein Prozent der elfjährigen Schüler greift bereits regelmäßig zu Dopingmitteln, bei 15-Jährigen sind es gar drei Prozent.  
Am häufigsten wird offenbar das Asthmamittel Salbutamol verwendet. Es fördert den Muskelaufbau. Das berichten P. Laure und C. Binsinger von der Regionaldirektion für Jugend und Sport in Saint-Max.
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"Doping prevalence among preadolescents athletes: a 4-year follow-up" von P. Laure und C. Binsinger erschien im "British Journal of Sports Medicine" (doi: 10.1136/bjsm.2007.035733).
->   Abstract im "British Journal of Sports Medicine"
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Doping ist, was auf der Liste steht
Was Doping ist, legt die Welt-Anti-Dopingagentur WADA fest. Sie veröffentlicht jedes Jahr eine (regelmäßig anwachsende) Liste jener Substanzen, deren Einnahme untersagt ist. Wer sie dennoch einnimmt, wird bei Wettkämpfen disqualifiziert und von den jeweiligen Sportverbänden in der Regel gesperrt.

In manchen Ländern - etwa Frankreich, Spanien und Italien - ist sogar eine strafrechtliche Verfolgung möglich. Wie die Erfahrung zeigt, ist das dennoch für viele Berufssportler kein Grund, auf Dopingmittel zu verzichten.
Auch im Breiten- und Jugendsport
Das Problem ist indes nicht nur auf den Spitzensport beschränkt. In den letzten Jahren wurden einige Studien veröffentlicht, die zeigen, dass es auch im Breiten- und Jugendsport ein Dopingproblem gibt. Bisherige Studien an Jugendlichen zeigten allerdings lediglich Momentaufnahmen.

Die Frage, wie sich die Bereitschaft, Dopingmittel zu konsumieren, im Lauf der Jahre ändert, wurde bis dato noch nicht untersucht. Das haben nun P. Laure und C. Binsinger von der Regionaldirektion für Jugend und Sport in Saint-Max nachgeholt.
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3.500 Interviews
Sie werteten mehr als 3.500 schriftliche Interviews an Schülern der sechsten Schulstufe aus, in denen sie die Elfjährigen nach deren sportlicher Betätigung, ihrer psychischen Verfassung und dem Konsum von Alkohol, Drogen und Dopingmitteln befragten. Die ersten Interviews fanden im Jahr 2001 statt und wurden bis 2006 alle sechs Monate wiederholt. Bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes fiel die Zahl der Interviews zwar auf rund 2.200 - dennoch genug, um daraus statistische Schlüsse zu ziehen.
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Ein Viertel dopt täglich
Die Ergebnisse sind in der Tat beunruhigend: 1,2 Prozent der Elfjährigen geben an, regelmäßig Dopingmittel zu konsumieren, wobei der Anteil der Konsumenten unter den Jungen mit 1,7 Prozent deutlich höher ist als unter den Mädchen (0,6 Prozent). Unter den jugendlichen Dopingsündern greift knapp ein Viertel täglich zu verbotenen Substanzen, 15 Prozent tun das mindestens einmal die Woche.

Wie zu erwarten verschärft sich das Problem im Lauf der weiteren Jahre. Unter den 15-Jährigen geben bereits drei Prozent zu, Dopingmittel verwendet zu haben, in diesem Alter sind mit 2,3 Prozent bereits relativ viele Mädchen unter den Konsumenten (männliche Jugendliche: 3,7 Prozent).
Asthmamittel am beliebtesten
Laut der Studie rangiert Salbutamol in der Liste der am häufigsten verwendeten Substanzen an erster Stelle (46 Prozent, Mehrfachnennungen möglich). Das Asthmamittel entspannt die Bronchienmuskulatur, wird aber offenbar auch zur Unterstützung des Muskelwachstums missbraucht.

An zweiter Stelle rangieren die so genannten Kortikosteroide (23 Prozent) - eine Gruppe von in der Nebennierenrinde gebildeter Hormone, zu der etwa das Cortison gehört. Kortikosteroide werden in der Regel zu Dopingzwecken eingesetzt, weil sie den Stoffwechsel anregen, Entzündungen unterdrücken und höhere Trainingsbelastungen ermöglichen.

Am dritthäufigsten verwenden die Jugendlichen Cannabisprodukte (sechs Prozent). Dessen Inhaltsstoffe eignen sich zwar nicht im engeren Sinne zur physiologischen Leitungssteigerung, verboten sind sie laut WADA dennoch.
Doper mit geringem Selbstwertgefühl
Laure und Binsinger fanden auch heraus, dass es einen Zusammenhang mit psychologischen Faktoren gibt: Wer dopt, hat ein tendenziell geringeres Selbstwertgefühl und neigt eher zu Ängsten.

Inwieweit die erhobenen Daten die realen Verhältnisse unter französischen Jugendlichen abzubilden vermögen, diskutieren Laure und Binsinger in ihrer Studie nicht.

Die schriftlichen Interviews fanden alle auf freiwilliger Basis statt - daher ist nicht auszuschließen, dass die tatsächlichen Zahlen noch höher sind.

[science.ORF.at, 20.6.07]
->   WADA Prohibited List
->   Doping - Wikipedia
->   Mehr zu Doping in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010