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Zelltherapie-Affäre: Weiter hitzige Debatten  
  Erneut heftige Kritik an den Gynäkologen Johannes Huber und Sepp Leodolter: Der Wiener Theologe Ulrich Körtner bezeichnet Huber als "Belastung" für die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt.  
Eine Cover-Story von "News", in der Huber und Leodolter als Entdecker einer neuen "Wunderwaffe gegen Krebs" gefeiert wurden, hatte zunächst eine scharfe Reaktion des Rektors der Medizinischen Universität Wien, Wolfgang Schütz, ausgelöst. Das Wiener AKH klärte Patienten nun mit einem Brief darüber auf, dass die von Huber und Leodolter in ersten Anfängen entwickelte Therapie kaum von Nutzen ist. In der TV-Sendung "im Zentrum" diskutierten gestern Experten die Hintergründe und Konsequenzen der Affäre.
"Belastung für die Bioethikkommission"
Ulrich Körtner, Leiter des Instituts für Ethik in der Medizin (Wien), wie Huber in der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, vor laufender Kamera an diesen gewandt: "Es ist nicht das erste Mal, dass ich ihre Aktionen als Belastung für die Bioethikkommission ansehe."

Er, Huber, solle sich überlegen, ob er bei der anstehenden Neubesetzung des Gremiums noch mitmachen wolle. Dieselben Überlegungen bezüglich der Besetzung der Kommission sollte sich auch Staatssekretärin Heidrun Silhavy machen.
"Ganz klar Mist"
Der evangelische Medizinethiker wies darauf hin, dass ein "Quantensprung", als welcher die Zelltherapie in Sachen Krebs in dem Artikel gefeiert worden war, eben sinngemäß nur etwas ganz Kleines sei. Mit Ethik habe die Angelegenheit wenig zu tun. In Sachen Medienethik sagte Körtner zu der Berichterstattung in "News": "Es ist ganz klar Mist. Was hier gelaufen ist, ist nicht nur schlecht in Aufmachung, auch in Inhalt."

Huber hatte in seinem Anfangsstatement betont, dass die Arbeiten an der Zelltherapie noch im wissenschaftlichen Stadium seien: "Wir haben eine Studie durchgeführt. Wir planen eine neue im Herbst. (...) Sauber, randomisiert, mit Versicherung." In Deutschland würden Krankenkassen solche Therapien bereits zahlen.
Interview und Titelzeile autorisiert
Gesprächsleiter Elmar Oberhauser zeigte auf Grund von Recherchen, dass die Angelegenheit rund um den "News"-Artikel keine vordergründige "Mediengeschichte" ist, bei der sich handelnde Personen auf Journalisten ausreden könnten. So musste Huber zugeben: "Das Interview (mit 'News', Anm.) war völlig autorisiert."

Dies könne man aber nicht für die generelle Aufmachung sagen. Allerdings, mit dem Magazin war offenbar auch die Titelzeile auf der ersten Seite (Neue Waffe gegen Krebs) abgesprochen. Der Gynäkologe meinte dazu, er und Leodolter hätten sich vielleicht im "Enthusiasmus" zu weit vorgewagt.

Der Chef des Obersten Sanitätsrates, Ernst Wolner: "Es ist 'Mist' mit Hinblick, wie das dargestellt wird. Das ist schlechter Medizinjournalismus."
Keine Studie publiziert?
Heftige Kritik gab es auch von dem führenden Grazer Onkologen Hellmut Samonigg, der bereits vor Jahren klinische Studien mit neuen, immunologischen Krebstherapien durchgeführt hat: "Das, was im 'News'-Artikel steht, ist aus meiner Sicht für die Patienten unangenehm, eine falsche Hoffnungen erzeugende Informationsweitergabe."

Samonigg: "Wir sind weit davon entfernt, bei dieser Therapieform heute von Heilung zu sprechen." Samonigg hat laut eigenen Angaben auch in dem Online-Archiv "Pubmed" versucht, bisherige wissenschaftliche Arbeiten von Huber auf dem Gebiet der dendritischen Zellen (bei dem "Impfstoff" verwendete Zellen, Anm.) zu finden. Der Grazer Wissenschaftler: "Ich habe keine Publikation gefunden. Es gibt zur Therapie mit dendritischen Zellen von Ihnen und Prof. Leodolter keine Studie." Huber bestritt dies.

[science.ORF.at/APA, 25.6.07]
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01.01.2010