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Auf der Spur unseres inneren Ökosystems  
  Ohne seine Darmflora wäre der Mensch nicht, was er ist. Sie holt die wesentlichen Nährstoffe aus unserem Essen, bildet die Grundlage unseres Immunsystems und sorgt dafür, dass sich keine schädlichen Mikroben einnisten können. Dabei ist der Verdauungstrakt vor der Geburt völlig steril, erst danach erfolgt die Besiedlung.  
Amerikanische Wissenschaftler haben nun diesen Prozess der Kolonialisierung in einer Studie genau nachgezeichnet.
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"Development of the Human Infant Intestinal Microbiota" von Chana Palmer et al. erschien im Open-Access-Journal "PLoS Biology" (5(7): e177; doi: 10.1371/journal.pbio.0050177).
->   Studie
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Schnelle Besiedelung
Schon wenige Tage nach der Geburt ist der menschliche Darm von zahlreichen Mikroben besiedelt. Der Weg durch den Geburtskanal, die Muttermilch und jeglicher Kontakt mit der Außenwelt sorgen in dieser ersten Zeit für den Zuwachs der mikroskopisch kleinen Bewohner.

Im Erwachsenenalter enthält der menschliche Körper mehr als zehnmal mehr Bakterien als menschliche Zellen. Unter den zahlreichen Mikroben gibt es rund 400 Bakterienarten für so unterschiedliche Zwecke wie die Verdauung oder die Bildung von Blutgefäßen.
Mikrobiologische Zusammensetzung ist sehr variabel
Für die aktuelle Studie haben die US-amerikanischen Forscher regelmäßig den Stuhl von 14 gesunden und gestillten Kindern während des ersten Lebensjahres untersucht. Ziel war es, die Besiedelung des Darms genauer zu dokumentieren.

Die Ergebnisse zeigen, dass die mikrobiologische Zusammensetzung entgegen den Erwartungen sehr unterschiedlich ist, nicht nur in ihren Bestandteilen, sondern auch in ihrer zeitlichen Veränderung. Diese Einsicht ist für Chana Palmer vom Howard Hughes Medical Institute wesentlich. Die Definition einer gesunden Darmflora ließe sich folglich ausweiten.

Das andere unerwartete Resultat war die Tendenz zu plötzlichen Veränderungen in der Zusammensetzung, wobei die Wissenschaftler bis jetzt noch keine zufriedenstellende Erklärung für das Kommen und Gehen der Bakterien gefunden haben.

Zwei der untersuchten Kinder waren außerdem eineiige Zwillinge. Bei ihnen glichen einander sowohl die Bestandteile als auch die Entwicklung der mikrobiologischen Besiedelung. Das bestätige laut Palmer die Annahme, dass für die Entwicklung des inneren Ökosystems nicht nur Umweltfaktoren eine Rolle spielen, sondern auch die Genetik bei diesem Prozess ein Wörtchen mitzureden hat.
Bestimmte Mikroben setzen sich durch
Die zentrale Schlussfolgerung ist allerdings, dass am Ende des ersten Jahres die Darmflora der untersuchten Kinder im Wesentlichen gleich war.

Langfristig gesehen dürfte die zunächst wechselhafte Entwicklung keine entscheidende Rolle spielen. Letztendlich seien bestimmte Mikroben einfach besonders für das Leben im menschlichen Darm geeignet und diese würden sich im Normalfall durchsetzen.

[science.ORF.at, 26.06.07]
->   Darmflora (Wikipedia)
->   Howard Hughes Medical Institute
->   Stanford University Medical Center
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Bakterien mit Tarnkappe (18.3.04)
->   Wie gesund sind probiotische Lebensmittel?(22.1.04)
 
 
 
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01.01.2010