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Durchbruch bei Behandlung unfruchtbarer Frauen  
  Kanadische Wissenschaftler melden einen Durchbruch bei der Behandlung unfruchtbarer Frauen: Erstmals hat eine Frau mit einer fortgeschrittenen Eierstockerkrankung ein Baby zur Welt gebracht, nachdem die Forscher ihr unreife Eizellen entnommen und später befruchtet hatten.  
Von dieser "Sensation", wie es der österreichische Genetiker Markus Hengstschläger bewertet, berichteten kanadische Forscher bei einer Ärztetagung im französischen Lyon.
Bisher befruchtete Eizellen eingefroren
Bisher konnten Mediziner zwar reife Eizellen einfrieren, wenn eine Patientin etwa bei einer Krebsbehandlung unfruchtbar zu werden drohte.

Damit Ärzte reife Eizellen gewinnen können, müssen die Frauen aber erst eine Hormonbehandlung machen, wofür vor einer Krebsbehandlung oft keine Zeit mehr ist.
Von 290 unreifen Zellen vier Schwangerschaften
Bis jetzt sei unklar gewesen, ob unreife Eizellen aus hormonell unbehandelten Eierstöcken überleben würden, wenn sie künstlich zum Reifen gebracht, dann eingefroren, später aufgetaut und schließlich befruchtet würden, sagte der Wissenschaftler Hananel Holzer vom Fortpflanzungszentrum McGill im kanadischen Montreal bei dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für menschliche Reproduktion.

Seine Kollegen und er hätten erstmals gezeigt, dass dies möglich sei. Allerdings müsse das Verfahren noch verbessert werden. Demnach führte die Behandlung von 290 unreifen Eizellen letztlich zu vier erfolgreichen Schwangerschaften, wobei drei Frauen ihr Kind noch austragen.

Das erste Baby, das auf diese Art gezeugt wurde, ist vor einem Jahr zur Welt gekommen und entwickelt sich nach Angaben der Wissenschaftler gut.
Frauen ohne Partner könnten Zellen einfrieren lassen
Die Behandlung ist auch deshalb ein Fortschritt, weil bisher nur befruchtete Eizellen eingefroren werden konnten; theoretisch könnten sich mit dem Verfahren der kanadischen Forscher auch Frauen ohne Partner unreife Eizellen entnehmen und - nach der Reifung im Labor - einfrieren lassen.

Zudem werden die Eierstöcke bei einer herkömmlichen Hormonbehandlung oft überstimuliert, so dass sich Zysten bilden oder gefährliche Mehrlingsschwangerschaften entstehen.
Hormonbehandlung umgehen
Möglicherweise werde diese Methode eines der wichtigsten Verfahren für Frauen, die ihre Fruchtbarkeit bewahren wollten, sagte Holzer. Es könne sich vor allem für Frauen eignen, bei denen eine Hormonbehandlung nicht angeraten sei.

An der Versuchsgruppe nahmen den Angaben zufolge 20 Frauen von durchschnittlich 30 Jahren teil, die am so genannten Polyzystischen Ovarsyndrom (PCOS) leiden, einer Hormonstörung, die oft zu Unfruchtbarkeit führt.
Wiener Genetiker spricht von "Sensation"
Als Sensation schätzt der Wiener Humangenetiker Markus Hengstschläger diese Entwicklung ein. Damit könnte künftig nicht nur Frauen mit Kinderwunsch, die wegen einer Krebserkrankung sofort mit einer Chemotherapie beginnen müssen, geholfen werden.

Mit zunehmendem Alter steigt bekanntermaßen auch das Risiko für krankmachende genetische Veränderungen der Eizellen. Theoretisch machte es die neue Methode auch möglich, dass junge Frauen ihre Eizellen zu einem Zeitpunkt einfrieren lassen, zu dem die Wahrscheinlichkeit für deren Gesundheit besonders hoch ist - und sie für einen etwaigen späteren Kinderwunsch eingefroren aufheben lassen.

Birgit Dalheimer, Ö1 Wissenschaft/science.ORF.at, 3.7.07
->   Markus Hengstschläger (Wikipedia)
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->   Nach Krebs: Schwanger durch eingefrorene Eizellen (9.3.07)
->   Mutterschaft durch transplantierte Eizellen (29.6.06)
->   Schwangerschaft nach Transplantation von Eierstockgewebe (1.7.04)
 
 
 
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01.01.2010