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Historiker kritisieren Pläne für "Haus der Geschichte"  
  Der Bericht zum seit langem geplanten "Haus der Geschichte" ist fertig und wartet auf die Evaluierung durch "internationale Experten". Das hat vor kurzem das Bundeskanzleramt bestätigt. Noch vor der internationalen Evaluierung melden sich nun aber Mitglieder der Expertenkommission in einem offenen Brief mit deutlicher Kritik zu Wort. Ihre - unentgeltlich erarbeiteten -Vorschläge seien unzulänglich umgesetzt worden, die Inhalte des nun vorgelegten Berichts großteils unklar.  
Seit 2006 Beratungsarbeit für "Kerngruppe"
Seit Frühjahr 2006 haben sich österreichische Historikerinnen und Historiker, Archivare und Museumsdirektoren mit der Entwicklung eines Konzepts für ein "Haus der Geschichte der Republik Österreich" befasst. Die aus 22 Personen bestehende "Ständige Historiker-Expertengruppe" (SHE) sollte die "Kerngruppe" unter der Leitung von Günter Düriegl, ehemaliger Direktor der Museen der Stadt Wien, und dem Historiker Stefan Karner beraten.

"Diese Expertinnen und Experten haben - ohne Honorar - in zahlreichen Sitzungen eine inhaltliche Konzeption erarbeitet und bereits am 13. Juni 2006 der Arbeitsgruppe übergeben", heißt es in einem nun veröffentlichten offenen Brief.
Überraschung am 2. Juli
Seither habe die Gruppe im Auftrag von Düriegl und Karner an der Vertiefung dieses Konzepts gearbeitet - um dann bei einer Besprechung am 2. Juli 2007, bei der eigentlich die Weiterarbeit an der inhaltlichen Konzeption und die Redaktion eines (End-) Berichts auf der Tagesordnung stand, "zu erfahren, dass seitens der Leiter der Arbeitsgruppe bereits am 29. Juni 2007 ein Bericht ("Road Map") an das Bundeskanzleramt übermittelt wurde".
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Umstrittenes "Haus der Geschichte"
Über das "Haus der Geschichte" wird seit vielen Jahren heftig diskutiert. Zur Frage, ob, in welcher Form und wo Österreich seine Geschichte darstellen soll, haben sich in den vergangenen Jahren unterschiedliche Persönlichkeiten zu Wort gemeldet. Um zu einem Konzept zu gelangen, wurde - wie beschrieben - Kommission eingesetzt, in der Vertreter verschiedenster Fachrichtungen und Institutionen vertreten waren und sind.
->   Konzept der Historiker-Expertengruppe von 13. Juni 2006
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Vorstellungen unzulänglich umgesetzt
"Die unterzeichneten Expertinnen und Experten der SHE weisen explizit darauf hin, dass in dem abgegebenen Bericht die Vorstellungen und Anregungen der Expertengruppe zum Teil nur in einer unzulänglichen Weise umgesetzt wurden. Behauptungen, wonach dieser Bericht von den ExpertInnen - insbesondere auch von den VertreterInnen der Zeitgeschichtsforschung - vollinhaltlich unterstützt und mitgetragen würde, wären daher unzutreffend", heißt es im offenen Brief, und weiter:
Diskussion in breiter Öffentlichkeit nötig
"Das Haus der Geschichte der Republik Österreich ist nicht allein Sache der Historikerinnen und Historiker, sondern sollte in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Um eine transparente öffentliche Debatte zu ermöglichen, fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner die Veröffentlichung der 'Road Map'.

Jener Teil der Umsetzungsstrategie zur Errichtung eines Hauses der Geschichte der Republik Österreich, den die Expertengruppe zu verantworten hat, ist auf der Homepage des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes zugänglich."
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Die Unterzeichner des offenen Briefs
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Botz, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien; Ludwig Boltzmann Institut für Historische Sozialwissenschaft, Wien
Univ. Prof. Dr. Michael Gehler, Universität Hildesheim, Institut für Geschichte, Jean-Monnet-Chair für Europäische Geschichte
Univ.-Prof. Dr. Helmut Konrad, Institut für Geschichte, Universität Graz; Ludwig Boltzmann Institut für Gesellschafts- und Kulturgeschichte, Graz
HR Univ.-Doz. Dr. Erwin A. Schmidl, Landesverteidigungsakademie, Institut für Strategie und Sicherheitspolitik, Fachbereich Zeitgeschichte, Wien
Univ.-Prof. Dr. Rolf Steininger, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck
Mag. Dr. Robert Streibel, Direktor der Volkshochschule Hietzing
Univ.-Doz. Dr. Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Gastprofessorin am Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien
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Düriegl und Karner: Kritik zurückgewiesen
Günter Düriegl und Stefan Karner von der Arbeitsgruppe weisen diese Vorwürfe zurück. In einer Mitteilung sprechen sie davon, dass die Expertenkommission "leider zu keinen abschließenden Ergebnissen ihrer Beratungen" gekommen sei. Daher habe man nur das inhaltliche Grobkonzept, das schon vor einem Jahr erarbeitet wurde, dem Bericht beigefügt.

Die Kritik, dass es an Transparenz mangle, weisen die Vorsitzenden der Arbeitsgruppe zurück. Das inhaltliche Grobkonzept sei seit einem Jahr auf der Website des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands und der Website des Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung öffentlich zugänglich, so Düriegl und Karner.

[science.ORF.at/APA, 5.7.07]
->   Institut für Zeitgeschichte (Universität Wien)
Aktuelles zum Haus der Geschichte in oe1.ORF.at:
->   Standort: Innenstadt, Arsenal oder Donauplatte
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Siegfried Mattl: Haus der Geschichte und Toleranz (7.11.01)
 
 
 
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01.01.2010