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Geteiltes Leid ist nicht immer halbes Leid  
  Wenn Mädchen mit ihren Freundinnen ausführlich über negative Erlebnisse sprechen, kann sich dies als zweischneidiges Schwert erweisen. Einerseits stärken die Gespräche die Freundschaft, andererseits wecken sie unangenehme Erinnerungen an das eigene Scheitern. Laut US-Psychologinnen steigern sie sogar die Gefahr, ängstlich oder depressiv zu werden.  
Die Forscherinnen von der University of Missouri - Columbia befragten über einen Zeitraum von sechs Monaten 813 Buben und Mädchen aus verschiedenen Schulstufen.

Sie untersuchten, ob das gemeinsame "Wiederkäuen" der schlechten Erlebnisse in Zusammenhang steht mit Depressionen oder gesteigerter Ängstlichkeit.
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Die Studie "Prospective Associations of Co-Rumination with Friendship and Emotional Adjustment Considering the Socioemotional Trade-Offs of Co-Rumination" von Amanda J. Rose, Wendy Carlson und Erika M. Waller ist im Journal "Developmental Psychology" (Bd. 43, No. 4, 1019¿1031, doi: 10.1037/0012-1649.43.4.1019) erschienen.
->   "Developmental Psychology"
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Gefahr für Mädchen
Das Ergebnis: Bei allen Kindern stärkte das Gespräch über negative Erfahrungen die Freundschaft. Doch besonders bei Mädchen zeigte sich, dass dadurch die Symptome von Depression und Dysphorie zunahmen. Das wiederum führte dazu, dass die Mädchen noch intensiver über ihre Probleme diskutierten. Ein Teufelskreis.

Bei den männlichen Studienteilnehmern zeigte sich kein solcher Effekt. Rose und ihre Kolleginnen vermuten, dass das Gespräch die Mädchen dazu bringen könnte, anders über Probleme zu denken als Jungen. Beispielsweise könnten sie eher dazu neigen, sich selbst die Schuld für Fehlschläge zu geben.
Verschlimmbesserung durch Gespräche
"Diese Ergebnisse sind interessant, weil die Mädchen eigentlich damit die Absicht haben, Unterstützung zu geben und zu bekommen", sagt Amanda J. Rose, Leiterin der Studie. Allerdings würden sie damit offenbar das Gegenteil bewirken, nämlich eine Verstärkung von depressiven Gefühlen.

Die Ergebnisse sollten vor allem den Eltern zu denken geben, die sich in Sicherheit wiegen, wenn ihre Töchter gleichaltrige Freundinnen haben, mit denen sie über schlechte Erfahrungen reden. Geteiltes Leid ist nicht immer halbes Leid - gerade, wenn eine Freundschaft auf dem Durchkauen von Fehlschlägen beruht.

[science.ORF.at, 16.7.07]
->   Webseite von Amanda J. Rose
Mehr dazu in science.ORF.at:
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->   Depression als gesellschaftliche Krankheit (30.3.07)
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01.01.2010