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Kalmare erobern amerikanische Westküste  
  Der Humboldt-Kalmar ist ein aggressiver Jäger und Überlebenskünstler. Seit einigen Jahren besiedelt er die nordamerikanische Westküste bis weit nach Norden, berichten US-amerikanische Forscher.  
Bild: PNAS/Zeidberg
In den letzten Jahren hat sich der Humboldt-Kalmar wenig Freunde gemacht. Aus Mangel an Fressfeinden hat er sich rasant vermehrt, die amerikanische Westküste erobert und die Seehecht-Population in arge Bedrängnis gebracht.

Die mexikanischen Fischer nennen ihn "Diablo Rojo" - Roter Teufel - und sie wissen, warum. Denn der Humboldt-Kalmar ist nicht wählerisch, wenn es ums Fressen geht.

"Sie fressen alles, was sie fangen können", sagt Bruce Robison vom Monterey Bay Aquarium Research Institute zum Onlinedienst von "Nature". "Wenn einer in der Gruppe verletzt ist, wird er zum Mittagessen für die anderen."

Da kann es natürlich vorkommen, dass der kampflustige Kopffüßer hin und wieder Menschen anknabbert.
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Unterwasser-Videoaufnahme eines Humboldt-Kalmars vor der Küste von Kalifornien (Onlinedienst "Nature").
->   Zum Video (mov-Datei)
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Aggressive Vielfraße
Der Humboldt-Kalmar (Dosidicus gigas) wird bis zu zwei Meter lang und 50 Kilo schwer. Auf seinen Tentakeln hat er nicht nur Saugnäpfe, sondern auch scharfe Zähne. Er wäre die bevorzugte Beute von Thunfischen, Schwertfischen, Haien und Zahnwalen, doch deren Bestand geht ständig zurück.

Bruce Robison und sein Kollege Louis Zeidberg interessieren sich schon länger für Dosidicus gigas. Seit 16 Jahren filmen sie die Aktivitäten des Vielfraßes vor der Küste von Kalifornien mit speziellen Tauchkameras.
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Die Studie "Invasive range expansion by the Humboldt squid,
Dosidicus gigas, in the eastern North Pacific" von Louis D. Zeidberg und Bruce H. Robison ist in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (doi: 10.1073/pnas.0702043104) erschienen.
->   Zur Studie (sobald online)
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Verbreitung dank "El Nino"
Eigentliche Heimat der Tiere ist die tropische Pazifikküste Südamerikas, doch vor knapp 20 Jahren ging er kalifornischen Fischern erstmals ins Netz. Das Videomaterial von Zeidberg und Robison zeigt, dass der Humboldt-Kalmar im nördlichen Pazifik heimisch wird.

1997 wuchs der Kalmar-Bestand vor Kalifornien dramatisch an. Das Klimaphänomen "El Nino" erwärmte das Wasser und drehte die Meeresströmungen gen Norden. Zwar ging die Zahl der Tiere bald wieder zurück, doch 2002 war erneut ein "El-Nino"-Jahr. Der Humboldt-Kalmar kam - und beschloss, zu bleiben.
Ökologische Nische ausgefüllt
Das warme Wasser ist nicht die alleinige Ursache für den Siegeszug des Humboldt-Kalmars. Die Forscher meinen, dass er eine ökologische Nische ausgefüllt hat, die von großen Fischen zurückgelassen worden ist. Thun- und Schwertfische verschwanden langsam, dafür wurden sie durch kleinere Jäger ersetzt.

Dosidicus eigne sich besonders gut für das Besetzen von Nischen, sagen die Forscher. Er ist flexibel, nicht gerade ein Feinschmecker und er vermehrt sich sehr schnell.

Die Kalifornier werden sich wohl oder übel an den Roten Teufel gewöhnen müssen. Aber nicht nur die: Der Humboldt-Kalmar wurde auch schon in kanadischen Gewässern und sogar vor Alaska gesichtet.

[science.ORF.at, 24.7.07]
->   News @ Nature
->   Webseite von Louis Zeidberg
->   Webseite von Bruce Robison
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
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->   Studie: Beträchtlicher Tunfisch-Rückgang im Pazifik (14.12.06)
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01.01.2010