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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Wissen zur Besiedelung von Lebensräumen relativiert  
  Altes Lehrbuchwissen über die Erstbesiedelung bzw. die Wiederbesiedelung von Lebensräumen relativiert eine Studie des Departments für Chemische Ökologie und Ökosystemforschung der Universität Wien. Die Wissenschaftler um Andreas Richter und Wolfgang Wanek untersuchten in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Großbritannien und Deutschland dazu steinige oder felsige Areale unterhalb von Gletschern, die im Zuge des Rückzugs der Eismassen gerade freigegeben worden waren.  
Pionierpflanzen sollten Boden aufbereiten
Laut der weitgehend anerkannten Lehrbuchweisheit sollte die Besiedelung eines solchen Lebensraumes in der Anfangsphase fest in den Händen von so genannten Pionierpflanzen sein, die sich etwa in Spalten zwängen oder zwischen Steinen festhalten.

Erst nach und nach soll sich so aus Pflanzenresten auch eine Schicht organischer Boden bilden, von dem dann auch Mikroorganismen leben können.
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Gletschervorfeld des Ödenwinkelkees untersucht
Um der Sache auf den Grund zu gehen, untersuchte Richter am 2.200 Meter hoch gelegenen Gletschervorfeld des Ödenwinkelkees im Nationalpark Hohe Tauern (Salzburg).

Dieser Gletscher zieht sich auf Grund der Erderwärmung seit etwa 1850 kontinuierlich zurück und hat seither ein rund 1,5 Kilometer langes Gletschervorfeld geschaffen.
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Kohlenstoff als Treibstoff für Mikroben
Zur Überraschung der Biologen zeigte sich, dass auch Mikroorganismen im Spiel sind, sobald das Eis verschwunden ist, erklärte Richter gegenüber der APA. Gleichsam den Treibstoff für die Existenz dieser Mikroben liefert Kohlenstoff, der über 7.000 Jahre alt ist, stellte sich bei näheren Untersuchungen heraus.

Zum einen handelt es sich dabei um winzige Mengen von früheren Böden, über die sich dann der Gletscher gelegt hat. Aber auch Ruß als Verbrennungsprodukt fossiler Brennstoffe spielt eine Rolle. Der Ruß hatte sich auf dem Eis abgelagert und war beim Abschmelzen auf die Erde gelangt.
Übertragbarkeit wird geprüft
Insgesamt finden die Mikroben Nahrung ohne auf Pflanzenreste angewiesen zu sein. Pflanzen und Mikroorganismen entwickeln sich also über längere Zeit - im untersuchten Beispiel rund 50 Jahre - parallel. Erst dann nutzen die Mikroben den von den Pflanzen gebildeten Kohlenstoff in Form von Streu.

In weiterer Folge wollen die Forscher nun klären, ob sich die neuen Erkenntnisse auf Gletscher-Rückzugsgebiete beschränken oder ob die Besiedelung auch anderer Lebensräume ähnlich funktioniert.

[science.ORF.at/APA, 25.7.07]
->   Department für Chemische Ökologie und Ökosystemforschung
->   Mehr zum Stichwort Gletscher im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010