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Holocaust-Forscher Raul Hilberg gestorben  
  Der in Wien geborene US-Politologe und Autor Raul Hilberg, der mit Studien über den Holocaust international bekannt wurde, ist tot. Hilberg starb am Samstag im Alter von 81 Jahren.  
Raul Hilberg lebte in Burlington im US-Bundesstaat Vermont. "Wir trauern um unseren Autor", teilte der S. Fischer Verlag am Montag mit.
Flucht vor Nazi-Verfolgung
Hilberg wurde am 2. Juni 1926 in Wien geboren und wuchs dort auf. Seine aus Galizien stammenden jüdischen Eltern flohen 1939 mit ihm über Frankreich und Kuba nach Amerika.

In den USA studierte Hilberg unter anderem bei dem Politikwissenschaftler und Juristen Franz Neumann, der aus Berlin hatte fliehen müssen. Die meisten Verwandten der Familie Hilberg kamen im Holocaust um.
Mit US-Armee zurück nach Deutschland
Als Mitglied der 7. US-Armee kam Hilberg 1944 nach Nazideutschland zurück und entdeckte 1945 in der ehemaligen NSDAP-Zentrale in München die in Kisten verpackte Privatbibliothek Adolf Hitlers - der Beginn seiner Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus - zeitlebens.
Standardwerk über den Holocaust
Bild: Reuters
Raul Hilberg
Hilberg schrieb eines der wenigen Standardwerke über den Holocaust, das in einer dreibändigen Fassung unter dem Titel "Die Vernichtung der europäischen Juden" vorliegt.

1992 veröffentlichte er das Buch "Täter, Opfer, Zuschauer", 1994 seine Autobiografie "Unerbetene Erinnerung. Der Weg eines Holocaust-Forschers" und 2002 die Studie "Die Quellen des Holocaust".

1999 erhielt Raul Hilberg für sein Lebenswerk den Marion-Samuel-Preis der Stiftung Erinnerung, 2002 den Geschwister-Scholl-Preis, und 2006 wurde ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Anfangs ein akademischer Außenseiter
Bei der Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises hielt der Historiker Hans Mommsen die Laudatio. Er strich dabei dessen "jahrzehntelange, entsagungsvolle Arbeit für die Erforschung des Holocaust" hervor.

Mit seinem Interesse am Holocaust war Hilberg laut Mommsen damals ein völliger akademischer Außenseiter. Selbst sein Doktorvater Franz Neumann räumte ihm mit einer Dissertation zu diesem Gegenstand kaum Chancen für eine akademische Karriere ein.

[science.ORF.at/dpa, 6.8.07]
->   Raul Hilberg (Wikipedia)
->   Hilberg-Laudatio von Mommsen
->   Video: Raul Hilberg im Gespräch (Wiesenthal-Institut)
 
 
 
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01.01.2010