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Drogenkonsum als Maßstab für "gelungene Integration"  
  Wenn Migranten in ein neues Land kommen, wünschen sich die Alteingesessenen von ihnen zumeist eines: Anpassung. US-Soziologen berichten nun von einem besonderen Fall, bei dem das gelungen ist. Der Drogenkonsum spanischstämmiger Immigranten wuchs in kurzer Zeit - und passte sich so jenem der neuen Umgebung an.  
Von dem gesellschaftlich wenig wünschenswerten Integrationserfolg berichtete der Soziologe Scott Akins von der Oregon State University bei der Jahrestagung der Amerikanischen Soziologiegesellschaft am Sonntag in New York.
Nach wie vor ein Einwanderungsland
Die Vereinigten Staaten verstehen sich im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern nach wie vor als Einwanderungsland, auch wenn es Bemühungen gibt, die entsprechenden Gesetze zu verschärfen.

Eine Einwanderungsreform, die zum einen rund zwölf Millionen illegaler Einwanderer eine Art Amnestie gewährt hätte und zum anderen verstärkte Grenzkontrollen vorsah, war erst Anfang des Sommers gescheitert.
Integration, Assimilation, Akkulturation
Was von den Zugewanderten gewünscht wird, ist nicht nur in den USA, sondern weltweit schon sprachlich schwierig auszudrücken: Im Deutschen steht der Raum zwischen Integration und Assimilation zur Verfügung.

Akins bezeichnet den Vorgang als "Akkulturation", also als kulturelle Anpassung an die neue Umgebung. Das definiert er als die Übernahme neuer kultureller Handlungen und sozialer Fähigkeiten aus der neuen Umgebung durch die Immigranten, oft werden dabei die traditionellen Überzeugungen und sozialen Gefüge erschüttert oder ersetzt.
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Vier Strategien
Der Begriff "Akkulturation" verweist auf den kanadischen Psychologen und Migrationsforscher John Berry, der in den 1980er Jahren vier verschiedene Strategien der Akkulturation unterschieden hat: Integration, Marginalisierung, Assimilation und Separation. Die Strategien definieren sich durch den Kontakt oder Nicht-Kontakt der Minderheit zur Mehrheit und durch die Frage der Aufrechterhaltung eigener Traditionen.
->   Acculturation (Wikipedia, englisch)
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Angepasste nehmen 13 Mal eher Drogen
Scott Akins hat nun eine besondere Anpassung von Eingewanderten untersucht: ihre Bereitschaft, sich an die "Kulturleistung Drogenkonsum" der neuen Umgebung anzupassen.

Dazu hat er die Gewohnheiten von 6.700 Erwachsenen im US-Bundesstaat Washington untersucht, rund 1.700 von ihnen bezeichneten sich als "Hispanics", haben also Wurzeln in Mittel- oder Südamerika.

Die Ergebnisse seien überwältigend, heißt es in einer Aussendung der Oregon State University. Die Wahrscheinlichkeit, illegale Drogen zu konsumieren, war bei kulturell angepassten Hispanics dreizehn Mal höher als bei den anderen.
Eine erfolgreiche Integration
Während nur 0,55 Prozent der Nicht-Angepassten angab, im vergangenen Monat Drogen genommen zu haben, waren es bei den Akkulturierten 7,2 Prozent. Zum Vergleich: Bei der weißen Bevölkerung waren es 6,4 Prozent.

Der Schluss, den der Soziologe zieht: Die Immigranten haben sich erfolgreich an ihre neue Umgebung angepasst - nicht zuletzt im Gebrauch von Drogen.

Befragungen zum Alkoholkunsum bestätigten die Tendenz: Integrierte Immigranten berichteten doppelt so oft von Komatrink-Erlebnissen als ihre nicht-angepassten Kollegen.
In Städten ticken die Uhren anders
Laut Akins ist es generell so, dass Neo-Immigranten in den USA im Laufe der Zeit immer mehr Drogen und Alkohol konsumieren. Es sei denn, sie leben in großen Gemeinden der großen Städte, wo sie gegen die Einflüsse ihrer neuen Umgebung "geschützt" sind.

Genau deshalb sei die Untersuchung in Washington so interessant gewesen, handelt es sich doch um einen wenig urbanen Bundesstaat mit einem Hispanics-Anteil von nur neun Prozent.

[science.ORF.at, 13.8.07]
->   Scott Akins, Oregon State University
->   John Berry, Queens University
->   Jahrestagung der Amerikanischen Soziologiegesellschaft
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Experte: Kriterien "gelungener" Zuwanderung (16.5.06 )
->   Erfolgreiche Zuwanderung: Integration statt Assimilation (18.11.05)
->   Studie: Österreich nutzt Potenzial der Migranten nicht (24.9.04)
 
 
 
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01.01.2010