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Synapsenbildung erst nach 24 Stunden dauerhaft  
  Wenn wir Dinge lernen, bilden sich in unserem Gehirne neue Kontakte zwischen Nervenzellen. Bis sie darüber auch wirklich Informationen austauschen, brauchen sie laut einer neuen Studie aber bis zu 24 Stunden.  
Ein Team um Valentin Nägerl vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried bei München hat den zeitlichen Ablauf dieser Synapsenbildung näher untersucht.
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Die entsprechende Studie "Protracted Synaptogenesis after Activity-Dependent Spinogenesis in Hippocampal Neurons" ist in im "Journal of Neuroscience" (Bd. 27, S. 8.149; doi:10.1523/JNEUROSCI.0511-07.2007) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Untersuchung der Kontaktstellen
Wann immer gelernt wird, bilden die Neuronen im Gehirn neue Kontakte (Synapsen) mit Nachbarzellen aus. Wird das Gelernte behalten, so werden aus diesen Kontaktstellen langfristige Verbindungen.

Um das genauer zu verstehen, haben die Neurobiologen den Zusammenhang zwischen dem Auswachsen der Zellverbindungen, den sogenannten "Dornen", und dem Entstehen der funktionsfähigen Informationsübertragungsstellen, den Synapsen, untersucht.
Stromimpuls simuliert Lernprozess
Dazu - so eine Aussendung der Max-Planck-Gesellschaft - haben sich die Neurobiologen auf Nervenzellen des Hippocampus konzentriert, denn dieser Hirnbereich ist für Lernprozesse und Gedächtnisfunktionen besonders wichtig.

Um eine Reaktion der Nervenzellen gezielt herbeizuführen, stimulierten sie einen Verbund von Neuronen durch einen kurzen, hochfrequenten Stromimpuls. Es ist bekannt, dass Nervenzellen auf solch eine Stimulation mit einer Verstärkung ihrer Verbindungen durch Ausbildung neuer Dornen reagieren - ähnlich wie es auch bei Lernprozessen geschieht.

Die entscheidende Frage, ob und wann diese neuen Strukturen tatsächlich funktionelle Synapsen darstellen und zum Gedächtnis beitragen können, war bisher unbeantwortet.
Neue Synapsen wachsen ...
Um das Auswachsen von Dornen verfolgen zu können, wurden die Zellen im nahen Umkreis der stimulierten Stelle mit einem hochauflösenden Zwei-Photonen-Mikroskop im Zeitrafferverfahren betrachtet.

Im Anschluss benutzten die Wissenschaftler ein Elektronenmikroskop, um zu überprüfen, ob die Veränderungen in der Verästelung der Nervenzellen tatsächlich zur Entstehung neuer Synapsen geführt haben.

Die so beobachteten Veränderungen und deren Dynamik überraschten die Wissenschaftler. Innerhalb von wenigen Minuten nach dem Stromimpuls beginnen die angeregten Nervenzellen neue Fortsätze zu bilden. Diese zunächst noch dünnen Dornen wachsen nicht zufällig, sondern ganz gezielt auf mögliche Kontaktpartner zu.
... aber nachhaltig erst nach 24 Stunden
Doch anscheinend gilt für diese kleinsten Strukturen das Motto "gut Ding braucht Weile". Denn innerhalb der ersten acht Stunden können noch über keinen dieser neu entstandenen Zellkontakte Informationen ausgetauscht werden. Erst in den darauffolgenden Stunden entscheidet sich, ob eine Verbindung bestehen bleibt oder sich zurückbildet.

Allerdings, jene Kontakte, die auch nach 24 Stunden noch vorhanden sind, besitzen voll funktionsfähige Synapsen zur Informationsübertragung und haben eine gute Chance, auch nach mehreren Tagen noch zu existieren. Dann ist der Umbau im Gehirn offenbar abgeschlossen.

[science.ORF.at/APA, 13.8.07]
->   Max-Planck-Institut für Neurobiologie
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Ursprung des Nervensystems bei Schwämmen? (6.6.07)
->   Elektrische Synapsen: Flexibler als gedacht (16.12.05)
 
 
 
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01.01.2010