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Österreich trauert um Ex-Rektor Alfred Ebenbauer  
  Die österreichische Universitätslandschaft trauert um den ehemaligen Rektor der Universität Wien, Alfred Ebenbauer. Der Germanist ist am Samstag im Alter von 61 Jahren unerwartet gestorben.  
Würdigung des ehemaligen Rektors
Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) würdigte Ebenbauer in einer Aussendung als "Pionier mit Augenmaß", der "die Autonomie der Universitäten vorbereitet und dabei nie die Zielhorizonte aus den Augen verloren hat".

Uni-Wien-Rektor Georg Winckler und Rektoren-Chef Christoph Badelt bezeichneten Ebenbauer als "kritischen Denker" und "hervorragenden Germanisten, der es in unvergleichlicher Weise verstand, seine Begeisterung für die Universität und das Fach an KollegInnen, Studierende und die Öffentlichkeit weiterzugeben".

Für SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal war der Altrektor "auch in heiklen Fragen immer einer, der sich für klare Worte auf wissenschaftlicher Basis einsetzte. Seine deutlichen Worte zum Pernkopf-Atlas haben das Schweigen über die dunklen Vorgänge an den Universitäten zwischen 1938 und 1945 gebrochen".
Kind eines Agrarbeamten
Ebenbauer stand von 1991 bis 1998 an der Spitze der größten Universität des Landes, war von 1991 bis 1993 Vorsitzender der Rektorenkonferenz und galt als einer der Wegbereiter des Universitätsorganisationsgesetzes (UOG) 1993. Seit 1997 war Ebenbauer Präsident des ÖAD.

Als erstes von fünf Kindern eines Agrarbeamten am 13. Oktober 1945 in der Obersteiermark geboren, absolvierte Ebenbauer sowohl die Schule in Judenburg als auch das Studium der Germanistik und Geschichte an der Uni Wien mit Auszeichnung. Sein Erfolgsrezept dafür: "Produktivität im Chaos".

1970 wurde Ebenbauer Assistent am Institut für Germanistik der Universität Wien. Nach verschiedenen Lehraufträgen in Deutschland wurde der Altgermanist 1981 zum ordentlichen Professor berufen, von 1987 bis 1990 wirkte Ebenbauer als Dekan des Geisteswissenschaftlichen Fakultät.
Vorliebe für universitäre Traditionen
Bild: APA
Alfred Ebenbauer
1991 wurde der Vater eines Sohnes zum Rektor der Universität Wien und gleichzeitig für zwei Jahre zum Chef der Österreichischen Rektorenkonferenz gewählt.

Seine Vorliebe für universitäre Traditionen bewies er gleich mit seiner ersten Amtshandlung - der Wiedereinführung der Inauguration, die nach den Studentenprotesten im Jahr 1968 an der Uni Wien abgeschafft worden war.
Der "Pernkopf-Atlas"
Für Aufsehen sorgte Ebenbauer, als er während seiner Amtszeit eine Untersuchung über einen anatomischen Atlas des 1955 verstorbenen österreichischen Mediziners Eduard Pernkopf in Auftrag gab.

Im Zuge der Recherchen stellte sich heraus, dass von 1938 bis 1945 an der Anatomie der Universität Wien mit Leichen von Hingerichteten gearbeitet wurde, darunter Widerstandskämpfer und Juden.

Auch in den Sammlungen fanden sich Präparate zweifelhafter Herkunft. Ebenbauer entschuldigte sich als Rektor stellvertretend für die Universität bei den Opfern.
Rückzug von Uni-Spitze 1998
Als Rektor engagierte sich Ebenbauer außerdem für die Errichtung des Uni-Campus im Alten AKH. Während und auch nach seiner Amtszeit protestierte er mit Vorlesungen in der Öffentlichkeit außerdem gemeinsam mit Studenten gegen Kürzungen im Wissenschaftsbereich.

Von den hochschulpolitischen Grabenkämpfen ermüdet, begründete Ebenbauer seinen Rückzug von der Uni-Spitze 1998 unter anderem mit seiner "Sehnsucht nach der wissenschaftlichen Ruhe seines Faches", der "Älteren deutschen und nordischen Sprache und Literatur".

2005 wurde er mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.

[science.ORF.at/APA, 13.8.07]
->   Alfred Ebenbauer, Uni Wien
 
 
 
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01.01.2010