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Erinnerung von Katzen liegt in ihrer Bewegung  
  Katzen gelten als eigenwillig, intelligent, aber - im Gegensatz zum Hund - nicht gerade als "Gedächtnisweltmeister". Kanadische Biologen haben nun gezeigt, wie Katzen Dinge, die sie sehen, sehr schnell wieder vergessen. Wenn sie sich aber bewegen und über die Dinge "klettern", etablieren sich auch bei ihnen langanhaltende Erinnerungen.  
Von den entsprechenden Experimenten berichten David McVea und Keir Pearson von der University of Alberta in Kanada in einer aktuellen Studie.
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Die Studie "Stepping of the forelegs over obstacles establishes long-lasting memories in walking cats" ist in "Current Biology" (21. August 2007, Bd. 17, R621-623) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Nur ein kleiner Arbeitsspeicher
Dass Katzen gerne zu eigenwilligem und auch durchaus intensivem Spiel fähig sind, wissen alleine in Österreich die Bewohner von 22 Prozent aller Haushalte. 1,3 Millionen Katzen sind es, die laut einer Studie der Wiener Wirtschaftskammer von 2004 die heimischen Stuben bevölkern.

Sie spielen zwar sehr gerne, ihr Interesse daran kann aber schnell verloren gehen. Das liegt nicht nur an ihrer Selbstbestimmtheit, sondern auch an ihrer Vergesslichkeit, wie Biologen seit längerem wissen. Wenn Spielzeug etwa unter die Couch rollt und dort nicht gleich "gejagt" wird, ist der "Arbeitsspeicher" schnell überlastet.
Versteckte Objekte werden "drastisch vergessen"
Die kanadischen Forscher Sylvain Fiset und Francois Dore haben vor eineinhalb Jahren das Kurzzeitgedächtnis von Katzen, was "versteckte Objekte" betrifft, untersucht.

Die Tiere zeigten schon innerhalb der ersten 30 Sekunden ein "drastisches Vergessen". Vor allem visuelle Reize tragen wenig zur Gedächtnisleistung der Katzen bei, wie die beiden Forscher herausgefunden haben.
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Die Studie "Duration of cats' (Felis catus) working memory for disappearing objects" von Fiset und Dore ist in der Fachzeitschrift "Animal Cognition" (Bd. 9, Jänner 2006; doi:10.1007/s10071-005-0005-4) erschienen.
->   Abstract
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Zusammenspiel von Vorder- und Hinterpfoten ...
Die aktuelle Studie von McVea und Pearson gibt ihren Vorgängern nun zum größten Teil recht, unterscheidet sich aber auch in einem wichtigen Punkt. Unter bestimmten Umständen können sich Katzen nämlich viel länger erinnern - bis zu zehn Minuten!

Der Ausgangspunkt ihrer Studie: Wenn Katzen mit ihren Vorderpfoten ein Hindernis überwinden - wie "wissen" ihre Hinterpfoten, dass auch sie das tun sollen? Die Frage ist gar nicht so weit hergeholt, wie die konkreten Experimente zeigten.
... schafft längere Erinnerung
In ihrer Versuchsanordnung ließen McVea und Pearson Katzen ein Hindernis mit ihren Vorderpfoten - aber noch nicht ihren Hinterpfoten - übersteigen und lenkten sie dann mit dem ab, womit man Katzen am besten ablenken kann: mit einem gefüllten Futternapf.

Die Frage lautete nun: Würden die Katzen nach der Ablenkungsphase beim Weitergehen auch mit den Hinterpfoten über das Hindernis steigen oder hätten sie es schlicht vergessen?

Um eine Reaktion auf taktile Reize auszuschließen, wurde das Hindernis während der Fresspause in den Boden versenkt, d. h. es gab real gar keine Hürde mehr zu überwinden. Das Ergebnis: Die Katzen merkten sich "mindestens zehn Minuten lang" das imaginäre Hindernis und stiegen danach darüber.
Anblick alleine reicht nicht aus
Bild: Current Biology
Die beiden Versuchsanordnungen
Der zweite Versuchsschritt verlief ähnlich, nur wurden die Katzen diesmal schon abgelenkt, bevor die Vorderpfoten das Hindernis überstiegen.

Hier setzte die Vergesslichkeit der Tiere unmittelbar nach der Futteraufnahme ein, der bloße Anblick der Hürde schien sich also nicht nachhaltig auf die Erinnerung auszuwirken.

"Wir haben herausgefunden, dass die langanhaltende Erinnerung für die Bewegung der Hinterpfoten der Vorderpfoten bedarf, die über das Hindernis steigen", fasst es Pearson in einer Aussendung zusammen. "Überraschend für uns war, wie kurz die visuelle Erinnerung der Katzen ist, sobald sie das Hindernis nicht mit den Vorderpfoten überwunden haben."
Bewegungen sind entscheidend
Dass die visuellen Reize wenig zur Manövrierung des Katzenkörpers beitragen, zeigte sich auch im dritten Versuchsschritt. Hier spielte ein dünner, durchsichtiger Plastikstab die Rolle des - für die Katzen unsichtbaren - Hindernisses.

Es zeigte sich erneut, dass der wesentliche Faktor das Verhalten der Vorderpfoten war: Stiegen sie über das Hindernis, war die Chance viel größer, dass auch die hinteren Gliedmaßen einen größeren Bogen beschrieben.

Die Forscher glauben, dass sich die Tiere unbewusst die Lage von Dingen im Raum relativ zu ihrem eigenen Körper merken. Entscheidend dafür sind die Bewegungen, die sie machen - wichtiger als die visuellen Reize, die sie empfangen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 21.8.07
->   Keir Pearson, University of Alberta
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01.01.2010