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Krabben-Duell: Kein Bonus für Linkshänder  
  Wie beim Menschen gibt es auch bei Winkerkrabben solche, die Kämpfe entweder in Rechts- oder in Linksauslage bestreiten. Biologen haben nun untersucht, ob die seltenen Linkshänder für ihre Artgenossen besonders unangenehme Gegner sind.  
Das Ergebnis: Fehlanzeige - Rechtshänder sind in jeder Hinsicht erfolgreicher.
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"What are the consequences of being left-clawed in a predominantly right-clawed fiddler crab?" von P. R. Y. Backwell et al. ist in den "Proceedings of the Royal Society B" erschienen (doi: 10.1098/rspb.2007.0666).
->   Abstract
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Beispiel Boxen und Tennis
In manchen Sportarten, Boxen und Tennis etwa, haben Linkshänder Vorteile. Der Grund: Linkshänder sind mit einem Bevölkerungsanteil von zehn bis 15 Prozent klar in der Minderheit, weswegen bei Sportarten mit Duellcharakter oft eine gewisse Asymmetrie entsteht.

Wenn beispielsweise Henry Maske oder John McEnroe während ihrer aktiven Zeit auf einen rechtshändigen Gegner trafen, war das für sie der Normalfall, für den Gegner hingegen die Ausnahme. Kurz gesagt: "Linke" haben den Bonus des Unorthodoxen.
Zwei Scheren - eine groß, die andere klein
 


Ähnliches gibt es auch bei Tieren: Winkerkrabben der Gattung "Uca" haben zwei Scheren, von denen ein geradezu grotesk vergrößert ist. Sie dient den Männchen erstens dem Anlocken von Weibchen (was für uns wie "Winken" aussieht) und wird zweitens als Hauptwaffe in Duellen mit Konkurrenten eingesetzt.

Bei fast allen Uca-Arten ist der Anteil der rechts- und linkslastigen Scherenträger etwa gleich groß, nur die Spezies Uca vocans vomeris tanzt in dieser Hinsicht aus der Reihe. Hier sind die Linkshänder stark in der Minderzahl, lediglich 1,4 Prozent haben die große Schere auf der linken Seite, alle anderen tragen sie rechts.
Hypothese klar widerlegt

Grund genug für den australischen Biologen Michael Jennions, hier eine Analogie zum Sport zu vermuten. Haben die linkshändigen Krabben bei innerartlichen Konfrontationen einen Henry-Maske-Bonus? Zu erwarten wäre es eigentlich, denn der Kampf Rechts vs. Links sieht tatsächlich völlig anders aus, als das typische Duell gleichhändiger Kontrahenten (siehe Bild). Das Argument unorthodoxer Kampfstile sollte daher auch hier gelten.

Die Überprüfung der Hypothese zeigte indes: Nichts dergleichen, die linkshändigen Krabben verloren auf ganzer Linie, sie konnten ihre Höhlen nicht so lange wie ihre rechtshändigen Artgenossen verteidigen, sie waren weniger gewillt, Kämpfe anzuzetteln und entschieden auch nicht mehr Duelle für sich.

Den Fortpflanzungserfolg habe man nicht direkt bestimmt, schreibt Jennions in seiner Studie, aber alle Daten weisen darauf hin, dass die Rechtshänder auch beim anderen Geschlecht erfolgreicher sind.
Entwicklungsbiologischer Zufall?
Angesichts dieser vernichtenden Niederlage fragt man sich: Warum gibt es bei Uca vocans vomeris überhaupt Linkshänder? Endgültige Antwort gibt es noch keine, zumal noch nicht einmal klar ist, welchen Einfluss die Genetik auf die Lage der Hauptschere hat.

Die einfachste Antwort wäre freilich die: Linkshändigkeit bei Winkerkrabben wird nicht im engeren Sinn vererbt, sondern entsteht zufällig - durch äußere Einflüsse in der Jugendzeit. Vorteil ist sie jedenfalls keiner.

Robert Czepel, science.ORF.at, 24.8.07
->   Michael Jennions - Australian National University
->   Winkerkrabben - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010