News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Fehlspekulationen "in der Natur des Menschen"  
  Fehlentscheidungen bei finanziellen Spekulationen sind zum Teil ein menschliches Grundproblem. Bestimmte Denkstrukturen - kognitive Illusionen - lägen den Entscheidungen jedes Erwachsenen zugrunde.  
"Sie sind nicht 'abschaltbar' und bleiben von Wissen unbeeinflusst", sagte der Salzburger Entscheidungstheoretiker Anton Kühberger vom Fachbereich Psychologie der Universität Salzburg zur APA. Spekulative Fehlurteile würden Erwachsene aller Kulturen betreffen. Der Amerikaner Daniel Kahneman habe für Arbeiten zu diesem Thema sogar den Wirtschaftsnobelpreis 2002 erhalten, so Kühberger.
Verluste psychologisch mehr Bedeutung
Verluste hätten für Menschen psychologisch weitaus mehr Bedeutung als gleich hohe Gewinne. "Bei Geld wiegen Verlustängste zwei- bis dreimal schwerer als Gewinnaussichten.

Da wir alle danach trachten, bei Transaktionen ohne Verlust auszusteigen ("loss aversion"), komme es zu paradoxen Phänomenen - verlustbringende Aktien werden etwa länger gehalten als Gewinnbringende ("disposition effect")", sagte der Forscher.
Je später der Tag, desto riskanter die Wetten
"Je später der Pferdewetttag, desto riskanter die Wetten, denn es gilt, die erlittenen Verluste wieder auszugleichen. Seltsam, aber allzu menschlich ist dabei, dass 'stranded investments' immer mit verrechnet werden, statt bei Zukunftsplänen rational auf Tipps mit der höchsten Erfolgschance zu setzen.

Ebenso menschlich ist es, den Verkauf von eigenem Besitz als Verlust zu erleben und daher für etwas, das man bereits besitzt, einen - aus Sicht des potenziellen Käufers - zu hohen Preis zu verlangen", so Kühbauer.
Kognitive Illusionen "Grundkonstante" des Menschen
In eigenen Experimenten am Fachbereich Psychologie in Salzburg stellte der Wissenschaftler übereinstimmend fest, dass ein und derselbe Geldbetrag, etwa 20 Euro, wenn er als sicherer Gewinn erlebt wird, behalten und nicht verspekuliert wird, während dieselbe Summe, wenn sie als Verlust ("nur 20 statt 50 Euro") erscheint, bereitwillig riskant weiterinvestiert wird, um unbedingt wieder zu gewinnen.

Diesen subjektiven "Rahmen" der Transaktion bezeichnet die Entscheidungstheorie als "Framing". "Da solche kognitiven Illusionen eine menschliche Grundkonstante sind, also nicht einfach 'wegtrainiert' werden können, kommt es bei Wegfall sozialer Kontrolle (z. B. dem "Vieraugenprinzip") rasch zur Katastrophe und die Akteure erinnern an Dostojewskis Spieler."

[science.ORF.at/APA, 27.8.07]
->   Anton Kühberger
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Studie: Wie sich das Gehirn "verzaubern" lässt (20.11.06)
->   Hirnstimulation erzeugt Illusion eines "Schattenwesens" (21.9.06)
->   Wie das Gehirn Illusionen konstruiert (19.7.05)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010