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"Idealer" Altersunterschied von Paaren berechnet  
  Es ist ein Klischeebild: Mann will jüngere Frau, während Frau nach älterem Mann sucht. Betrachtet man die Statistik, findet sich in diesem Bild mehr als ein Körnchen Wahrheit: Wie Wiener Evolutionsbiologen berechnet haben, haben Frauen das Glückslos gezogen, wenn der Partner sechs Jahre älter ist, Männer sollten sich über eine vier Jahre jüngere Partnerin besonders freuen.  
Bewertet wurde der "Erfolg" einer Partnerschaft anhand der Kinderzahl, die am höchsten bei den genannten Altersunterschieden ausfällt. Dass auch gesellschaftliche Faktoren das Paarungsverhalten verändern, gesteht Studien-Autor Martin Fieder von der Universität Wien im Gespräch mit science.ORF.at zu. Dennoch lasse sich aber ein evolutionsbiologisch begründetes Muster belegen.
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Die Studie "Parental age difference and offspring count in humans" von Martin Fieder und Susanne Huber ist am 29. August 2007 in den "Biology Letters" oder britischen Royal Society erschienen (DOI:10.1098/rsbl.2007.0324).
->   "Biology Letters"
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Schweden als Beispiel
Für ihre Studie verwendeten die Autoren die Daten von 10.000 schwedischen Männern und Frauen - Schweden wurde deshalb als Beispiel herangezogen, weil es als eines der wenigen Länder auch für Männer genaue Daten zum Nachwuchs anlegt und sie anonymisiert für Auswertungen zur Verfügung stellt.
Zwei Teilanalysen: Gleicher und anderer Partner
Die Schweden und Schwedinnen im Sample hatten - die Männer zumindest vorläufig - die Produktion von Nachwuchs abgeschlossen und ihren Partner bzw. ihre Parnterin zwischen erstem und letztem Kind nicht gewechselt. Allerdings waren die Männer nicht mit den Frauen der Stichprobe zusammen, sondern es wurden jeweils 5.000 Männer und ihre Partnerinnen analysiert sowie 5.000 Frauen und ihre Partner.

In einer zweiten Analyse zogen sie die Daten von Frauen und Männern heran, die sich nach dem ersten Kind einen neuen Partner gesucht haben, und schauten sich den Altersunterschied zum neuen Lebensgefährten bzw. der neuen Lebensgefährtin an.
Am meisten Nachwuchs
Die Auswertung ergab, dass am meisten Nachwuchs entstand, wenn die Frau vier Jahre jünger ist, der Mann sollte - laut Statistik - sechs Jahre älter sein. Das wäre am besten für die biologische Fitness, so die Autoren. Aber wenn die Evolution eine derart bestimmende Kraft ist, warum treffen sich die beiden Geschlechter nicht in der Mitte, also bei fünf Jahre jünger bzw. älter?

Man habe ja nicht immer so viel Auswahl bei der Partnerwahl, erklärt Fieder im Gespräch mit science.ORF.at. Am Arbeitsplatz oder während der Ausbildung oder wo auch immer man seinen Partner bzw. seine Partnerin trifft, läge eben eine bestimmte Altersverteilung vor, wodurch sich unterschiedliche Werte für Männer und Frauen ergeben.
Kein zufälliger Wert
Könnte die Werte nicht einfach Zufallsergebnisse sein, schließlich ist das Sample begrenzt und die schwedische Gesellschaft betont egalitär und kinderfreundlich? Fieder verneint dies und verweist auf eine noch unpublizierte Studie zu den USA, wo sich der Altersunterschied ebenfalls bestätigt hätte.
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Die Studienautoren selbst
Die Studienautoren Martin Fieder und Susanne Huber sind verheiratet, was natürlich die Frage nach dem Altersunterschied zwischen ihnen aufdrängt: Mit 1,8 Jahren, die Susanne Huber jünger ist, und einem Kind liegen sie fast im europäischen Schnitt.
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Kulturelle Faktoren spielen eine Rolle ...
Dass Frauen ältere Männer und Männer jüngere Frauen bevorzugen, sei ein universelles Muster, das evolutionäre Gründe hat, ist Fieder überzeugt. Aber kann man über Reproduktion überhaupt forschen, ohne gesellschaftliche und kulturelle Faktoren miteinzubeziehen? Schließlich gilt es als eine der dringendsten politischen Aufgaben, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen, und Frauen, die sich jüngere Partner suchen, werden auch immer häufiger.
... aber letztlich oft Fitness-Gründe
"Natürlich spielen auch kulturelle Faktoren eine Rolle", räumt Fieder ein. Trotzdem lassen sich aber evolutionsbiologisch stabile Komponenten herausarbeiten wie eben der Altersunterschied, der mit geringen Variationen universell gültig sei.

Und auch beim Phänomen der älteren Frauen mit jüngerem Partner gibt es einen Fitness-Aspekt: Damit wollen sie sicherstellen, dass der Partner noch möglichst zeugungsfähig ist, wenn sie selbst aufgrund des Alters schon ein Risiko eingehen.
Späte Partner werden anders ausgewählt
Diese Logik lasse sich auch anhand der zweiten Teilanalyse nachvollziehen, in der die Forscher untersuchten, ob sich der Altersunterschied verändert, wenn der Partner bzw. die Partnerin gewechselt wird: Männer tendieren dann dazu, sich eine deutlich jüngere Partnerin zu suchen, während Frauen eher nach einem gleichaltrigen Mann Ausschau halten. Damit solle "der Rückgang an Reproduktionsfähigkeit auf Seiten der Frau kompensiert werden", heißt es in der Studie.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 29.8.07
->   Institut für Anthropologie (Universität Wien)
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01.01.2010