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Orchideen blühten schon vor 80 Millionen Jahren  
  Das wahre Alter von Orchideen war lange Zeit umstritten. Das erste eindeutige Fossil einer Orchidee, eine in Bernstein konservierte Biene mit einem Pollenrucksack, sollte darüber nun Klarheit bringen. Bereits seit rund 80 Millionen Jahren blühen demnach die schönen Pflanzen auf der Erde - und waren damit Zeitgenossen der Dinosaurier.  
Der Evolutionsbiologe Santiago Ramirez vom Museum für vergleichende Zoologie in Harvard und seine Kollegen bekamen 2005 die Gelegenheit, das einzigartige Fundstück eines privaten Sammlers näher unter die Lupe zu nehmen.

Mithilfe der sogenannten molekularen Uhr gelang es ihnen nun, das Alter der Orchideen zu bestimmen.
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Die Studie "Dating the origin of the Orchidaceae from a fossil orchid with its pollinator" von Santiago R. Ramirez et al. ist am 30.8.07 in "Nature" (Bd. 448, S. 1042) erschienen.
->   Abstract
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Fossile DNA zur Altersbestimmung
 
Bild: Santiago Ramírez

In Bernstein eingeschlossene stachellose Biene mit Orchideen-Pollinarien auf dem Rücken. Das erste "unzweifelhafte Orchideenfossil", wie die Forscher schreiben.

Das Fossil wird auf 15 bis 20 Millionen Jahre datiert. Das Besondere daran ist, dass die Pflanzenreste gemeinsam mit ihrem Bestäuber, einer ausgestorbenen stachellosen Biene, gefunden wurden - ein augenfälliger Beweis, dass es sich tatsächlich um eine Orchidee mit ihrer hochspezialisierten Befruchtung handelt.

Damit war es den Forschern nun endlich möglich, für die Altersbestimmung die sogenannte molekulare Uhr einzusetzen. Das Verfahren basiert auf Vergleichen der fossilen DNA mit jener von heute vorkommenden Arten. Aufgrund der Mutationsrate ist es möglich, das Alter gemeinsamer Vorfahren verwandter Arten zu schätzen.
Dinosaurier und Orchideen waren Zeitgenossen
Heutige Orchideen wie die Vanille entwickelten sich ungefähr zur selben Zeit, als die Dinosaurier ausstarben, vor etwa 65 Millionen Jahren, an der Schwelle zwischen Kreidezeit und Tertiär. Die Schätzungen reichten bisher von 26 bis zu 110 Millionen Jahren, und Vertreter aller Theorien hatten überzeugende Argumente.

Verfechter des höheren Alters führten ihre Theorie auf den Umstand zurück, dass Orchideen auf der ganzen Erde verbreitet sind und eine beeindruckende Artenvielfalt aufweisen: 20.000 bis 30.000 Spezies, acht Prozent aller Blütenpflanzen. Sie müssten, so die Meinung, also vor dem Auseinanderbrechen des Urkontinents entstanden sein.

Vor dem Hintergrund seiner neuen Erkenntnisse meint Ramírez, dass offenbar viel länger ein biotischer Austausch zwischen den neuen Kontinenten stattfand als bisher angenommen. "Wir wissen, dass die tropischen Kontinente vor etwa 100 Millionen Jahren auseinanderzubrechen begannen und schätzen das Alter der Vanille auf 60 bis 70 Millionen Jahre", erklärt er.
Ausgestorbene Biene zeigt, wie die Blüte aussah
Bild: Gustavo Romero
Für eine spätere Entwicklung der Orchideen in der Erdgeschichte spricht, dass dokumentierte fossile Funde fehlen. Es gab bisher keine fossilen Orchideen, weil sie so unregelmäßig blühen, sagt Ramirez, und weil sie hauptsächlich in tropischen Regionen vorkommen. Hitze und Feuchtigkeit verhinderten dort, dass Fossilien entstehen.

Ein weiteres Argument war das komplexe Bestäubungssystem, das die Pflanzen entwickelt haben. Sie brauchen für die Befruchtung die Hilfe von Insekten, die genau an ihre Blütenform angepasst sind.

Dieser Umstand erlaubt es den Forschern, anhand der gefundenen Biene die Form der Blüten von Meliorchis caribea, wie sie die Orchidee aus dem Tertiär nannten, zu rekonstruieren. Sie ähnelte demnach ihrer heute verbreiteten nächsten Verwandten, Ligeophila sp. (Bild rechts).

[science.ORF.at, 30.8.07]
->   Nature
->   Santiago Ramirez, Harvard University
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01.01.2010