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Pflanzen können erworbene Merkmale vererben  
  Pflanzen, die häufig unter Stress leiden, können die Stressreaktionen an die "Nachkommen" weitergeben. Weltweit hat ein Wettlauf eingesetzt, die Mechanismen dieses Phänomens zu verstehen.  
Das berichtete Christian Luschnig vom Institut für Angewandte Genetik und Zellbiologie der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien gegenüber der APA. Der Wissenschaftler spricht zu dem Thema bei dem erstmals veranstalteten Alpbacher Universitätstag, der sich ganz der Biotechnologie widmet.
Plastizität von Pflanzen
Organismen passen sich im Laufe der Evolution, aber auch während ihrer individuellen Entwicklung an Umweltbedingungen an. So produziert eine Gruppe von Pflanzen, die in großer Höhe im Gebirge vorkommt, mehr Frostschutz in Form von niedermolekularen Substanzen als eine Gruppe der gleichen Pflanzen im Tiefland.

"Solche Beispiele für die faszinierende Plastizität von Pflanzen gibt es viele und sind seit langem bekannt", so Luschnig. Ob solche Unterschiede auch vererbt bzw. genetisch fixiert werden können, wird dagegen erst seit Kurzem erforscht.
Stress reduziert die Genomstabilität
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass Stress - wie Kälte, Hitze oder Trockenheit - die sogenannte Genomstabilität reduziert. Das kann sowohl durch erhöhte Mutationsraten, durch Reduzierung der Aktivität der Reparatursysteme der Erbsubstanz (DNA) als auch durch die Mobilisierung von sogenannten Transposons zustande kommen.

Dabei handelt es sich um Abschnitte des Genoms, die hin und her springen und so die Zahl der Mutationen erhöhen können. Das führt ebenfalls zu einer größeren genetische Variabilität und erhöht die Chance, dass - zufällig - auch eine Stress-resistente Modifikation entsteht, die sich dann in Folge durchsetzt.
Auch Nachkommen mutieren und rekombinieren häufiger
Mittlerweile gilt als weitgehend - aber noch nicht endgültig - erwiesen, dass durch Stress erhöhte Mutationsraten nicht nur im gestressten Organismus wirken. Auch die Nachkommen einer gestressten Pflanze zeigen höhere Mutations- und Rekombinationsraten, auch wenn sie dem Stress nicht mehr ausgesetzt sind.
Projekt sucht nach Ursachen
Im Zuge eines im Rahmen des österreichischen GEN-AU-Programm finanzierten Projektes möchte ein Wissenschaftler-Konsortium nun die molekularen Mechanismen hinter diesem Phänomen identifizieren. "Wir suchen die Ursachen der vererbbaren Stressantwort", so Luschnig, der das Konsortiums koordiniert.

Sehr wahrscheinlich spielt die sogenannte Epigenetik, also der Verpackungs- und Aktivierungsmechanismus des Genoms eine entscheidende Rolle. Über die Epigenetik wird etwa entschieden, wann eine DNA-Sequenz aktiviert und wie viel des Genprodukts produziert wird.

[science.ORF.at/APA, 31.8.07]
->   Universität für Bodenkultur Wien
->   GEN-AU
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01.01.2010