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Schizophrenie als Nebenprodukt der Evolution  
  Aus evolutionärer Sicht erscheint Schizophrenie wie ein "Naturfehler". Dass sie dennoch weiter auftritt, liegt laut einer neuen Studie an der engen Verknüpfung mit für den Menschen wichtigen Hirnregionen.  
Positive Selektion der Schizophrenie-Gene
Der kanadische Biologie Bernard Crespi hat Anzeichen einer positiven Selektion von Genen entdeckt, die die Chance erhöht, an Schizophrenie zu erkranken. Eine Ursache liegt in einer genetischen Veranlagung, die auf vielen verschiedenen Genen beruht.
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Die Studie "Adaptive evolution of genes underlying schizophrenia" ist am 4.7.07 in den "Proceedings of The Royal Society:B" erschienen (doi: 10.1098/rspb.2007.0876).
->   Abstract
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Ein Prozent Betroffene
Etwa ein Prozent der Bevölkerung weltweit leidet an Wahnvorstellungen, Denkstörungen, unkontrollierbaren Gefühlszuständen und schweren Halluzinationen.

Genetische Abweichungen, die für den Menschen und seinen Fortbestand nachteilig sind, werden durch natürliche Selektion ausgelöscht. Doch die Genvarianten, die die Schizophrenie begünstigen, haben sich im Laufe der Evolution ausgebreitet und stabilisiert.
Drei Risikogene
Crespi und sein Team verglichen die Struktur, die Häufigkeit und die Veränderungsrate von 76 DNA-Sequenzen. Einen signifikanten Beweis für Selektion zeigten drei Risikogene für Schizophrenie (DISC1, DTNBP1 Und NRG1).

Diese drei Gene beeinflussen vor allem Hirnregionen, die sich während der menschlichen Evolution am stärksten verändert haben. Crespi vermutet einen Zusammenhang mit Erbgutbereichen, die geistige Flexibilität und Kreativität prägen.
Schlechte Anpassung
Die Forscher beschreiben Schizophrenie als ein schlecht angepasstes Beiprodukt von Gehirnareal-Veränderungen, die im Zuge der menschlichen Entwicklung stattfanden.
Positiver Nutzen für den Träger fraglich
Weshalb gerade die Risikogene von der Evolution bevorzugt wurden, erklären sich die Forscher durch einen bislang unbekannten positiven Nebeneffekt, den das Gen selbst oder gekoppelt an andere Gene, für den Träger haben könnte.

Ähnlich würde es sich mit der Krankheit Sichelzellenanämie halten, die mit missgebildeten Erythrozyten einhergeht, jedoch ihren Träger vor Malaria schützt.

[science.ORF.at, 5.9.07]
->   Bernard Crespi, Simon Fraser University (pdf-Datei)
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Erkennungszeichen für Schizophrenie gefunden (22.8.06)
->   Gen-Defekt bei Schizophrenie und Depression (5.9.03)
->   Schizophrenie-Gene: Abstammung spielt eine Rolle (10.12.02)
 
 
 
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01.01.2010