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Wiener Forscher verwandeln Immunzellen  
  Forschern am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien ist es erstmals gelungen, bestimmte Immunzellen in Vorläuferzellen zu verwandeln und diese wiederum in ganz andere Immunzellen.  
Aus sogenannten B-Zellen, Antikörper bildende weiße Blutkörperchen, haben sie T-Zellen hergestellt, die gemeinsam entscheidende Bestandteile unseres Immunsystems sind. Die Entwicklungsschritte wurden damit erstmals umkehrbar gemacht berichtet eine Studiengruppe um Meinrad Busslinger vom IMP.
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Die Studie "Conversion of mature B cells into T cells by dedifferentiation to uncommitted progenitors" ist am 12.9.07 als Online-Vorabpublikation in "Nature" (doi: 10.1038/nature06159) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Die natürlichen Differenzierungsschritte
"Wir haben schon 1999 gezeigt, dass das Pax5-Gen notwendig ist, damit aus hämatopoietischen Vorläuferzellen schließlich B-Zellen entstehen", erklärte Busslinger, der für diese und weitere Arbeiten auch mit dem Wittgenstein-Preis ausgezeichnet wurde.

Unter physiologischen Bedingungen im Organismus wird diese Entwicklung von Vorläuferzelle im Knochenmark zu den reifen B-Zellen - sie können bei Aktivierung durch Krankheitserreger etc. aber noch zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen werden - unumkehrbar.

Doch die Sache ist viel hintergründiger. Pax5 hat nämlich ein Janus-Gesicht: Es galt in der Medizin bisher als "Krebs-Gen", weil es u.a. an einer bestimmten Form von Leukämie beteiligt ist. Andererseits kann aber Pax5 auch vor Tumoren schützen. Das hängt laut den Erkenntnissen offenbar vom Aktivierungsgrad dieses Gens ab, sagte Busslinger.
Ausschaltung eines Gens kehrt Entwicklung um
Um die Rolle von Pax5 in der B-Zell-Entwicklung genauer zu bestimmen, hemmten die Wiener Wissenschaftler jedenfalls das Gen mit einer speziellen Methode erst sehr spät, also in reifen B-Zellen. "Wir haben zunächst zu 100 Prozent reife B-Zellen in Gewebekultur gehalten und in den ruhenden Zellen Pax5 gehemmt." Die Zellen entwickelten sich offenbar zurück. Die Experten injizierten sie danach in genetisch veränderte Mäuse, die keine T-Zellen mehr bilden konnten.

Busslinger: "Die B-Zellen mit dem ausgeschalteten Pax5-Gen traten die 'Reise' sozusagen zurück an." Sie wanderten wie Vorläuferzellen in das Knochenmark ein und wurden schließlich zu einer anderen Art von Immunzellen - jenen T-Zellen, welche die Tiere nicht hatten.

Der Wissenschaftler: "Sie 'retteten' sozusagen die T-Zell-Linie. Es bildeten sich T-Zellen, die völlig funktionell waren."
Im Vergleich feinere Methode
Diese Dedifferenzierung und Verwandlung von ursprünglichen B-Zellen zu T-Zellen ist jedenfalls ein völlig neuer Ansatzpunkt für die Untersuchung solcher Vorgänge.

Erst vor rund einem Jahr ist es japanischen Forschern von der Universität Kyoto gelungen, Fibroblasten - also Vorläuferzellen von unter anderem dem Bindgewebe - durch die Zugabe von vier Regulationsfaktoren (Oct3/4, Sox2, c-Myc und Klf4) zu pluripotenten Stammzellen zu machen.

Doch diese Methode ist insuffizient und gleicht - so Busslinger - dem Arbeiten mit einem "Vorschlaghammer". Die neuen Erkenntnisse der Wiener Forscher kommen mit feineren Eingriffen aus und konnten das Funktionieren auch im lebenden Organismus dokumentieren.

[science.ORF.at/APA, 13.9.07]
->   Institut für Molekulare Pathologie
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01.01.2010