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Forscher entwarnen bei Medikamenten-Stents  
  Die mit Arzneiwirkstoffen beschichteten Gitterröhrchen zur Öffnung verengter Herzkranzgefäße erhöhen im Vergleich zu unbeschichteten Stents doch nicht das Sterberisiko der Patienten.  
Das ergab eine Auswertung aller bisherigen Studien, die Wirksamkeit und Risiken dieser beiden Methoden miteinander verglichen haben. Nach Angaben der Universität Bern ist bei den modernen Medikamenten-Stents sogar ein zweiter Eingriff seltener nötig als bei den älteren Varianten. Als besonders effektiv gelten demnach Beschichtungen mit dem Immunsuppressivum Sirolimus.
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Die Studie "Outcomes associated with drug-eluting and bare-metal stents: a collaborative network meta-analysis" von Christoph Stettler, Simon Wandel und Kollegen ist im Fachjournal "The Lancet" erschienen (Band 370, S. 937-948, DOI:10.1016/S0140-6736(07)61444-5).
->   Zur Studie (nach Gratis-Registrierung)
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Blutgefäße werden geweitet
Stents werden bei der so genannten Angioplastie verwendet, dem Weiten von verengten oder verschlossenen Blutgefäßen. Dabei schieben die Ärzte von der Leiste aus einen Ballonkatheter zu der Engstelle, öffnen den Ballon und halten das Gefäß mit dem Stent offen.

In vielen Fällen wachsen die Röhrchen im Laufe der Zeit aber wieder zu, so dass es erneut zu Gefäßverengungen und damit zu Herzproblemen kommt.
Große Begeisterung über neue Methode ...
Seit einigen Jahren gibt es die Stents daher zusätzlich mit einer medikamentösen Beschichtung, die verhindern soll, dass sich an der beschädigten Gefäßwand Narbengewebe bildet und das Gefäß dadurch erneut verengt. Im Kampf gegen den Herzinfarkt galt dies als ein enormer Fortschritt.

Mediziner zeigten sich so überzeugt von der Innovation, dass sie binnen weniger Jahre weltweit rund sechs Millionen Menschen die neuen Stents einpflanzten.
... aber Zweifel an der Sicherheit
Doch zuletzt häuften sich die Zweifel an der Sicherheit der neuen Methode. So empfahl der renommierte Herzexperte Erland Erdmann von der Universität Köln in der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift", nur noch in Ausnahmefällen auf Beschichtungen zurückzugreifen.

Zur Begründung verwies er darauf, dass die Medikamente auch verhindern, dass die Metallgitter mit Zellen der Gefäßinnenhaut überzogen werden. Diese Schutzschicht beuge normalerweise einer plötzlichen Blutgerinnung vor, die das Herzkranzgefäß binnen Minuten verschließe und zum tödlichen Herzinfarkt führe, erklärte Erdmann.
Gefährlich bei Operationen
Deshalb müssten alle auf diese Weise behandelten Patienten zusätzlich zwei Arzneien einnehmen, die die Anlagerung von Blutplättchen, so genannten Thrombozyten, und damit den ersten Schritt der Blutgerinnung hemmten.

Allerdings gebe es Situationen, in denen die Betroffenen die Thrombozytenhemmer absetzen müssen - etwa vor Operationen, sagte Erdmann.
Analyse: Sterberate bei allen Methoden gleich hoch
Die Berner Wissenschaftler analysierten nun alle Studien, die mindestens zwei von drei Stent-Arten miteinander verglichen: solche ohne Beschichtung und solche, die entweder mit Sirolimus oder dem Krebstherapeutikum Paclitaxel beschichtet sind. Ergebnis: Die Sterberate war bei allen drei Typen ungefähr gleich.
Besonders effektiv: Sirolimus
Auch mit Blick auf das Risiko von Blutgerinnseln im Stent-Bereich unterschieden sich die verschiedenen Drahtröhrchen nicht wesentlich. Außerdem ist bei den beiden Medikamenten-Stents eine zweite Operation seltener nötig als bei unbeschichteten, heißt es in der Studie. Als besonders effektiv erwies sich dabei der Wirkstoff Sirolimus, der auch bei der Herzinfarktrate besser abschnitt als die beiden anderen Typen.

[science.ORF.at/APA/AP, 14.9.07]
->   Christoph Stettler (Universität Bern)
 
 
 
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01.01.2010