News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Bienen vs. Hornissen: Tod durch Ersticken  
  Honigbienen auf Zypern haben im Kampf gegen Hornissen eine ungewöhnliche Strategie entwickelt: Sie bedrängen ihre körperlich überlegenen Gegner so lange, bis sie keine Luft mehr bekommen und ersticken.  
Das berichtet ein französisch-griechisches Team um Gérard Arnold vom Forschungszentrum CNRS in Gif-sur-Yvette. Die in Südeuropa beheimatete orientalische Hornisse gehört zu den schlimmsten Imkereischädlingen. Sie fängt Bienen am Flugloch des Stockes ab und dringt sogar in diesen ein, um Honig zu rauben.
...
"Smothered to death: Hornets asphyxiated by honeybees" von Alexandros Papachristoforou et al. ist in "Current Biology" erschienen (Bd. 17, R795; 18.9.07).
->   Summary der Studie in "Current Biology"
...
Fliegende Räuber
Wenn es um die Zusammenstellung ihres täglichen Menüplans geht, sind Hornissen nicht besonders wählerisch. Sie fressen Fliegen, Käfer, Raupen, ja sogar Spinnen und Libellen. Und natürlich auch Honigbienen. Wird eine einzelne, etwa auf einer Blüte sitzende Biene von einer Hornisse attackiert, hat sie in der Regel keine Chance gegen den körperlich überlegenen Angreifer.

Stechen bringt nichts, denn ihr Stachel ist zu kurz und der Hornissenpanzer zu dick. "Der Bienenstachel kann den Chitinpanzer nicht durchdringen", erklärt Evolutionsbiologe und Insektenforscher Michael Paulus von der Uni Wien.

"Wenn sie von einer Hornisse angegriffen wird, kann sie gar nichts dagegen machen. Die Hornisse beißt die Biene einfach tot und bringt sie dann in ihren Bau."
Thermoangriff auf Hornissen
 

Anders sieht es aus, wenn der Hornisse ein ganzer Bienenschwarm gegenübersteht. Von asiatischen Honigbienen weiß man, dass sie in diesem Fall ein dichtes Knäuel von Insektenleibern um ihre räuberischen Feinde bilden und so die Körpertemperatur der Hornissen stetig erhöhen.

Irgendwann kollabieren dann die Angreifer und sterben den Hitzetod (Nature 377, 334). "Thermo-balling" nennt man das in der Fachliteratur.
Unverwundbarer Gegner?
Der orientalischen Hornisse allerdings ist selbst mit der Schwitzkastenmethode nicht beizukommen. Vespa orientalis ist nämlich bestens an die Hitze in Südeuropa und im mittleren Osten angepasst und stirbt erst bei 50 Grad Körpertemperatur - ein Wert, der selbst bei dichtestem Körperkontakt nicht zu schaffen ist.

Die Kombination von Chitinpanzer und Hitzeresistenz scheint die orientalische Hornisse im Kampf mit Bienen tatsächlich unverwundbar zu machen. Zypriotische Honigbienen (Apis mellifera cypria) beweisen nun, dass dem doch nicht so ist. Sie haben offenbar die Achillesferse des übermächtigen Gegners entdeckt und reagieren wie ihre Artgenossen vom europäischen Festland auf dessen Anwesenheit mit einem Gewusel, das wie das bekannte thermo-balling aussieht.

Im Inneren des Körperknäuels geht es jedoch um etwas ganz anderes als bei der herkömmlichen Thermomethode. Die Bienen versuchen nämlich ihren Gegner auf diese Weise zu ersticken.
Atmung als Achillesferse
Hornissen atmen, wie andere Insekten auch, durch sogenannte Tracheen, ein Röhrensystem in ihrem Körper, das in kleinen Öffnungen an der Körperoberfläche endet. Genau auf diese Öffnungen haben es offenbar die Bienen abgesehen, wie nun ein französisch-griechisches Biologenteam berichtet.

Während sich die Tiere dicht an dicht um den Körper ihres Feindes drängen, versuchen sie die Tracheenausgänge mit ihren Leibern zu verstopfen. Außerdem blockieren sie das Hinterteil der Hornisse, dessen pumpende Bewegungen für die Luftzirkulation im Körper wichtig sind. Umgelegt auf die menschliche Anatomie bewirkt der Bienenangriff also zweierlei: Er schließt die Atemgänge und blockiert quasi das Zwerchfell - dagegen kann selbst die orientalische Hornisse nichts ausrichten.

"Wir haben eine verblüffende Defensivstrategie entdeckt, mit der die zypriotische Honigbiene Hornissen schikaniert und letztlich umbringt", sagt Gérard Arnold vom Forschungszentrum CNRS in Gif-sur-Yvette. "Die Honigbiene hört nicht auf uns zu überraschen."
Überdosis Kohlendioxid
Arnold und seine Mitarbeiter nennen das Phänomen "asphyxia-balling", was auf Deutsch so viel heißt wie: Erstickungsdrängeln. Sie vermuten allerdings, dass dabei auch noch ein paar andere Faktoren eine Rolle spielen. Die Knebelattacke dürfte etwa den Kohlendioxidgehalt im Inneren der Hornissen stark erhöhen.

Wie Versuche zeigen, sind Hornissen selbst nach kürzeren Angriffen dieser Art minutenlang gelähmt, auch wenn sie diese ohne bleibende Schäden überleben. Eine Überdosis CO2 wäre eine recht einfache Erklärung dafür. Denn das Gas wirkt auf sämtliche Insekten als Anästhetikum - Imker wissen das schon seit jeher.

Robert Czepel, science.ORF.at, 17.9.07
->   Gérard Arnold - CNRS
->   Orientalische Hornisse - Wikipedia
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Bienensterben: Forscher entdeckten Virus
->   Honig schon vor 3.000 Jahren in Israel gewonnen
->   Hungert eine Biene, weiß es der ganze Stock
->   Bienen zu abstraktem Denken fähig
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010