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Gene bestimmen Duft von Urin und Schweiß  
  Wohlgefallen liegt auch in der Nase des Betrachters: Das Erbgut legt offenbar fest, ob bestimmte Komponenten von Urin oder Schweiß für uns eher "faulig" oder gar "blumig" riechen.  
Dies ist das Ergebnis einer US-Studie, bei der die Geruchswahrnehmung von 391 Personen untersucht wurde.
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Die Studie "Genetic variation in a human odorant receptor alters odour perception" von Andreas Keller, Hiroaki Matsunami und Leslie Voshell ist am 16. September im Magazin "Nature" (doi: 10.1038/nature06162) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Duftrezeptor OR7D4
Androstenon kann viele Reaktionen auslösen: Manche Menschen bemerken das Abbauprodukt des Sexualhormons Testosteron als "abgestandenen Urin- oder Schweißgeruch", andere jedoch beschreiben seinen Duft als "süß und angenehm" oder nehmen ihn gar nicht wahr.

Weshalb es so große Unterschiede in der Wahrnehmung gibt, berichtete eine Gruppe vpn Biologen um Andreas Keller von der Rockefeller Universität: Zu einem Großteil liegt es an der genetischen Expression eines einzelnen Duft-Rezeptors namens OR7D4.
Androstenon: Beißend-faul bis blumenduftartig
Androstenon ist ein Steroid und Stoffwechselprodukt des Sexualhormons Testosteron. Es ist im männlichen Urin und Schweiß in höheren Konzentrationen vorhanden als im weiblichen.

Der individuelle Körpergeruch setzt sich aus verschiedenen chemischen Stoffen zusammen, die in den Körpersekreten enthalten sind. Die Zusammensetzung des Duftes ist zum Großteil eine genetische Frage.

Bei vielen Säugetieren dient Androstenon als Lockstoff (Pheromon). Bislang ist nicht völlig klar, weshalb Menschen diese Lockstoffe absondern, obwohl ein derartiges "Nachrichtensystem" für sie nicht mehr nötig ist.
Riesige Riechprobe
Für ihre Studie ließen die US-Wissenschaftler Leslie Vosshall und Andreas Keller 391 Freiwillige an 66 verschiedenen Düften in zwei unterschiedlichen Konzentrationen riechen. Die Studienteilnehmer gaben an, wie angenehm und intensiv der Geruch war.

Der Genetiker Hiroaki Matsunami entnahm danach Blutproben von den Probanden und isolierte deren DNA. "Nach einer genetischen Analyse der Proben und einem Vergleich mit den Resultaten der Riechprobe konnten wir genetische Varianten mit spezifischen Wahrnehmungen verbinden", so Matsunami in einer Presseaussendung.
Empfindlicher Riecher
Die stärkste Empfindlichkeit für Androstenon wies ein Duft-Rezeptor namens OR7D4 auf. Der Austausch von nur zwei Aminosäuren reicht, um die Funktion des Rezeptors deutlich zu behindern.

Studienteilnehmer mit dieser Änderung des Rezeptors reagierten weniger sensibel auf die getesteten Duftstoffe und empfanden den Geruch auch als weniger unangenehm als die Probanden, die einen unveränderten Rezeptor besaßen.
Gen, nicht Kultur ausschlaggebend
Viele Wissenschaftler haben die olfaktorische Wahrnehmung vor allem mit Kultur, Erfahrung oder Erinnerung in Verbindung gebracht. "Unsere Resultate zeigen aber, welchen Stellenwert die Genvariabilität eines jeden hat", so Matsunami.

Seiner Ansicht nach ist es vor allem genetisch bestimmt, ob und wie ein Mensch Geruch wahrnimmt - zumindest was Androstenon betrifft.

[science.ORF.at, 18.9.07]
->   Andreas Keller, Rockefeller University (USA)
->   Leslie Vosshall, Rockefeller University (USA)
->   Hiroaki Matsunami, Duke University (USA)
->   Der Geruchssinn
->   Androstenon
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Schweiß ist individueller als gedacht (29.11.06)
->   Vom Molekül zur Geruchsempfindung (4.10.04)
->   Wie die Nase lernt, Gerüche wahrzunehmen (24.10.02)
 
 
 
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01.01.2010